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Wie sich der Klimaservice verändert

Veröffentlicht am 12.07.2022

Die letzten Fahrzeuge mit einer mit klimaschädlichem Kältemittel R134a befüllten Klimaanlage kamen aufgrund einer Übergangsregelung für Lagerfahrzeuge im ersten Quartal 2017 auf den Markt. Bei einem zuletzt auf über 12 Jahre gestiegenen Durchschnittsalter des Pkw-Bestandes bedeutet das für die Werkstätten, dass sie mindestens bis Ende dieses Jahrzehnts mit R134a konfrontiert bleiben. Gleichzeitig forciert die EU im Rahmen der EU-Verordnung 517/2014 den schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung von klimaschädlichen Kältemitteln wie R134a und verknappt nach und nach das Angebot. So werden laut der EU-Verordnung 517/2014 ab 2024 nur noch 31 Prozent, ab 2027 sogar nur noch 24 Prozent des Kältemittels R134a im Vergleich zum Stand 2015 verfügbar sein.


Knapp und teurer: Kältemittel R134a

Neben der Verknappung des Angebots zieht das unweigerlich eine Verteuerung des Kältemittels R134a nach sich, auch wenn dies derzeit noch nicht spürbar ist. Klimaservice-Experten wie Guido Sasse, Bereichsleiter Klimatechnik bei Waeco, sind sich jedoch sicher:

„Die in Zukunft verfügbaren Mengen an Kältemittel R134a reichen kaum aus, um den Fahrzeugbestand künftig zu servicieren, es kommen ja auch noch Busse, Lkw und Landmaschinen dazu. Ein schonender Umgang und die Vermeidung von Kältemittelverlusten ist dringend angeraten“.

Schwachstelle Klimaservicegerät

Guido Sasse sieht eine Schwachstelle insbesondere bei den Klimaservicegeräten, die ohne ein sogenanntes Low-Emission-Konzept arbeiten. Bei diesen Geräten bleibt nach dem Rückgewinnungsprozess ein Restdruck von 500 mbar im Kreislauf erhalten und restliches Kältemittel entweicht durch die Auslassseite der Vakuumpumpe. Weiteres Kältemittel kann beim Altölablass entweichen, da das Altöl aus dem Destiller mittels Druck durch Kältemittel in den Altölbehälter ausgetrieben wird. Durch die Sicherheitsventile, die das Platzen des Behälters verhindern sollen, entweicht das Kältemittel. Bei Geräten mit Low-Emission-Konzept hingegen finden sowohl der Rückgewinnungsprozess als auch der Altölablass in einem geschlossenen Kreislauf statt. Kältemittelreste im System oder der Altölflasche werden mittels Vakuum abgesaugt und dem Kältemitteltank nahezu verlustfrei zugeführt.

Gefahr durch Feuchtigkeit

In Zukunft ist vor allem im Hinblick auf die steigende Zahl an voll- oder teilelektrischen Fahrzeugen ein Feuchtigkeitseintrag in das Kältemaschinenöl zu vermeiden. PAG- und POE-Öle sind hygroskopisch, also wasseranziehend. Führte Feuchtigkeit im Maschinenöl bei Fahrzeugen mit Verbrenner-Motor bislang schlimmstenfalls zu einem Ausfall des Kompressors und damit der Klimaanlage, kann es bei elektrifizierten Autos zum Totalausfall führen. Feuchtigkeit führt zum einen zur Säurebildung, die die Wicklung des Kompressors angreift und zu dessen Ausfall führen kann. Außerdem macht sie das Öl elektrisch leitend, was nicht nur den Monteur gefährdet, sondern auch den Isolationswächter aktivieren kann, der das Fahrzeug quasi stilllegt.

Aus Klimaanlage wird Thermomanagement

Bei Elektrofahrzeugen wandelt sich die Klimaanlage zum Thermomanagementsystem. Das Kühlen des Innenraums ist künftig nur noch ein Nebenschauplatz, vielmehr wird es Aufgabe der Klimaanlage, die Speicherbatterien im richtigen Temperaturfenster zu halten, um Sommer wie Winter das Schnellladen zu ermöglichen. So muss die Batterie abhängig vom jeweiligen Hersteller bei Außentemperaturen von unter 0 Grad beheizt werden, um überhaupt laden zu können. Bei hohen Temperaturen hingegen ist ein Schnellladen nur bei gekühlter Batterie möglich. Stephan Weber, Leiter des Produktfeldes Klimatechnik bei WOW! Würth Online World GmbH, ergänzt:


„Mittlerweile reduzieren die Hersteller auch die Zahl der Steuergeräte und gehen dazu über, Zentralrechner zu verbauen, die enorme Abwärme erzeugen und ebenfalls über das Thermomanagementsystem gekühlt werden müssen“.

Klimamittel R1234yf auch für Elektrofahrzeuge

Neben dem Feuchtigkeitseintrag in das Öl ist vor allem die Vermischung von PAG- und POE-Ölen unbedingt zu vermeiden. Die hohe Komplexität eines Thermomanagementsystems führt außerdem dazu, dass der Klimaservice bei E-Fahrzeugen den Einsatz eines Diagnosegerätes unabdingbar macht. Die gute Nachricht: Moderne Klimageräte für R1234yf können auch für E-Fahrzeuge weiterverwendet werden. Einige Hersteller verlangen aber gesonderte Klimageräte für den ausschließlichen Einsatz an E-Fahrzeugen, um eine Quervermischung unterschiedlicher Öle auszuschließen. Bild: Texas

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