Pedelecs erfreuen sich großer Beliebtheit: Sie verbinden den Komfort eines Fahrrads mit der Dynamik motorisierter Zweiräder. Doch mit zunehmender Verbreitung steigt auch das Unfallrisiko. Besonders im urbanen Verkehrsumfeld kommt es vermehrt zu gefährlichen Situationen. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH gibt Hinweise, wie Pedelecfahrer, Kraftfahrer und Fußgänger gemeinsam zu mehr Sicherheit beitragen können.
Regelmäßiger Technikcheck erhöht die Betriebssicherheit
Vor Fahrtbeginn sollte ein kurzer Technik-Check zur Routine gehören. Die GTÜ empfiehlt, insbesondere Luftdruck, Bremsen, Lichtanlage und die Verbindung zwischen Akku und Antrieb zu überprüfen. Bei Pedelecs mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h ebenso wie bei S-Pedelecs mit Unterstützung bis 45 km/h ist funktionierende Technik essenziell für die Sicherheit. Gerade Bremsverzögerung und Beleuchtung spielen im Stadtverkehr eine zentrale Rolle, um schnell reagieren und gut gesehen werden zu können.
Auch der Reifendruck wird oft unterschätzt. Zu wenig Luft im Reifen verlängert den Bremsweg und verschlechtert die Fahrstabilität – besonders bei höherem Gewicht, wie es bei Pedelecs üblich ist.
Ein gut sitzender, heller Helm mit CE-Kennzeichnung schützt im Ernstfall vor schweren Kopfverletzungen. Für S-Pedelec-Fahrer ist das Tragen gesetzlich vorgeschrieben, für alle anderen dringend empfehlenswert. Darüber hinaus erhöhen helle Kleidung, reflektierende Accessoires sowie eine funktionierende Lichtanlage die Sichtbarkeit. Das gilt besonders bei schlechten Sichtverhältnissen in der Dämmerung oder im Winter.
Nicht nur die Beleuchtung am Rad ist entscheidend, sondern auch reflektierende Elemente an Helm, Rucksack oder Jacke – sie tragen dazu bei, dass Pedelecfahrer frühzeitig wahrgenommen werden.
Trainings helfen, das Fahrverhalten zu verstehen
Das Fahrverhalten eines Pedelecs unterscheidet sich deutlich von einem herkömmlichen Fahrrad. Die elektrische Unterstützung führt zu schnellerer Beschleunigung, das höhere Gewicht verändert das Kurvenverhalten, und der Bremsweg ist länger. Wer neu auf das Pedelec umsteigt, sollte sich gezielt auf die Besonderheiten einstellen.
Fahrsicherheitstrainings wie „Fit mit dem Fahrrad“ der Deutschen Verkehrswacht oder Angebote des ADFC, der Volkshochschulen und lokaler Initiativen vermitteln praktisches Wissen und bieten Raum für Übungen in sicherer Umgebung. Besonders für ältere Menschen oder Wiedereinsteiger lohnt sich diese Vorbereitung.
Pedelecfahrer sollten sich vorausschauend und defensiv im Verkehr bewegen. Nebenrouten, Radwege oder verkehrsberuhigte Zonen bieten oft mehr Sicherheit und reduzieren Stress. Unübersichtliche Kreuzungen oder stark befahrene Straßen bergen ein erhöhtes Risiko – hier hilft eine angepasste Routenwahl.
Wer frühzeitig bremst, mit anderen Verkehrsteilnehmern Blickkontakt sucht und mit einem Fehler der anderen rechnet, ist sicherer unterwegs. Die Wahl der Strecke beeinflusst dabei nicht nur das Unfallrisiko, sondern auch die Freude am Fahren.
Autofahrer in der Pflicht: Rücksicht und Abstand
Kraftfahrer sollten sich bewusst machen, dass Pedelecs trotz Fahrradoptik teils hohe Geschwindigkeiten erreichen. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand beim Überholen beträgt innerorts 1,5 Meter, außerorts zwei Meter. Das gilt unabhängig davon, ob der Radfahrer langsam oder zügig unterwegs ist.
Besondere Vorsicht ist beim Abbiegen geboten. Der Schulterblick gehört genauso dazu wie ein aufmerksamer Blick in Spiegel und Rückfahrkamera. Viele Unfälle passieren durch das Übersehen von Radfahrern im toten Winkel. Abbiegeassistenten und korrekt eingestellte Spiegel erhöhen hier die Sicherheit – besonders bei Lkw und Transportern.
Der sogenannte „Holländische Griff“ – also das Öffnen der Autotür mit der von der Tür abgewandten Hand – zwingt den Fahrer dazu, sich umzudrehen. So werden herannahende Radfahrer früher erkannt. Auch das korrekte Einschätzen der Geschwindigkeit ist wichtig, denn viele unterschätzen, wie schnell ein Pedelec tatsächlich unterwegs ist.
Parken auf Radwegen oder Halten in zweiter Reihe gefährdet Pedelecfahrer zusätzlich. Solche Situationen zwingen zu riskanten Ausweichmanövern und sollten vermieden werden. Eine rücksichtsvollere Verkehrskultur beginnt bei kleinen Entscheidungen im Alltag.
Akkus und Ladeverhalten: Sicherheit beginnt beim Energiespeicher
Die Leistungsfähigkeit moderner Pedelecs steht und fällt mit dem Akku. Doch der Energiespeicher ist nicht nur technisches Herzstück, sondern birgt auch sicherheitsrelevante Aspekte. Eine regelmäßige Sichtprüfung auf äußere Beschädigungen ist ebenso wichtig wie ein verantwortungsvoller Umgang beim Laden. Der Akku sollte ausschließlich mit dem Original-Ladegerät und fern von brennbaren Materialien aufgeladen werden. Ladezyklen am besten nicht unbeaufsichtigt durchführen – besonders in Werkstätten oder Gemeinschaftsräumen mit mehreren E-Bikes ist Brandschutz ein Thema.
Längerer Stillstand kann zu einer Tiefentladung führen, insbesondere im Winter. Daher empfiehlt es sich, den Ladezustand regelmäßig zu kontrollieren und den Akku bei Raumtemperatur zwischen 30 und 70 Prozent geladen zu lagern. Unsachgemäße Lagerung oder Eigenreparaturen sind zu vermeiden, da sie nicht nur die Lebensdauer verkürzen, sondern auch zu sicherheitskritischen Defekten führen können.
Pedelecs mit Unterstützung bis 25 km/h gelten rechtlich als Fahrräder – eine Versicherungspflicht besteht nicht, Helm und Führerschein sind nicht vorgeschrieben. Anders sieht es bei S-Pedelecs aus: Sie gelten als Kleinkrafträder und unterliegen damit der Versicherungspflicht. Für das Fahren ist eine entsprechende Fahrerlaubnis der Klasse AM notwendig, zudem müssen S-Pedelecs ein Kennzeichen führen und dürfen nicht auf Radwegen bewegt werden, auch wenn diese für den Radverkehr freigegeben sind.
Werkstätten und Händler sollten Kunden hier gezielt beraten, da es oft zu Missverständnissen kommt – vornehmlich beim Kauf von gebrauchten Fahrzeugen oder beim Umstieg von klassischen E-Bikes auf schnelle Modelle. Die Kenntnis der rechtlichen Unterschiede kann nicht nur Bußgelder vermeiden, sondern auch helfen, Haftungsrisiken im Schadensfall zu minimieren.
Fazit
Pedelecs sind ein wichtiger Baustein für nachhaltige Mobilität – doch sie fordern alle Verkehrsteilnehmer heraus. Technikpflege, defensives Fahrverhalten und gute Ausrüstung schützen die Fahrer selbst. Autofahrer wiederum können mit Abstand, Rücksicht und Aufmerksamkeit das Unfallrisiko senken. Wenn alle Verkehrsteilnehmer ihren Beitrag leisten, können Pedelecs sicherer unterwegs sein und langfristig zum festen Bestandteil eines modernen Verkehrssystems werden. Quelle: GTÜ