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Die Rolle der Software in der Remanufacturing-Branche

Veröffentlicht am 02.11.2023

Die zunehmende Relevanz der Software in der Automobilindustrie, insbesondere im Bereich des Remanufacturing, stellt uns vor neue Herausforderungen. Es ist entscheidend, den komplexen rechtlichen Rahmen zu verstehen, der den Gebrauch und die Wiederverwendung von Software regelt. Um diesen Aspekt weiter zu beleuchten, diskutieren die beiden anerkannten Experten Dr. Daniel C. F. Koehler, Vorsitzender der APRA Europe, und Dr. Johannes Graf Ballestrem, Partner und Patentprozessführer bei Osborne Clarke, die rechtlichen Aspekte in einem Interview des Verbandes APRA, die für Remanufacturer von entscheidender Bedeutung sind. Es folgt eine Zusammenfassung des APRA Interviews.


Die Unterscheidung zwischen illegaler Kopie und legaler Wiederverwendung

Eines der herausforderndsten Probleme, denen Softwareproduzenten gegenüberstehen, ist die illegale Vervielfältigung ihrer Produkte. Dies hat dazu geführt, dass die Softwareindustrie Kontrollmechanismen wie das „Digital Rights Management“ entwickelt hat, die es ermöglichen, legale Wiederverwendung von illegalen Kopien zu unterscheiden. Ähnliche Prinzipien gelten auch für eingebettete Software, die in Remanufacturing-Prozessen verwendet wird.

Die Frage der Beweislast bei Urheberrechtsverletzungen

Im Falle eines Gerichtsverfahrens besteht immer zuerst die Frage nach der Beweislast. Grundsätzlich liegt die Beweislast beim OEM. In bestimmten Situationen kann es jedoch vorkommen, dass der Remanufacturer die Software selbst neu programmiert hat, beispielsweise nachdem er die Eingabe- und Ausgabefunktionalität der Software überwacht hat. In solchen Fällen liegt keine Urheberrechtsverletzung vor, da nicht die Funktionalität der Software, sondern nur der spezifische Code geschützt ist. Es kann jedoch vorkommen, dass die Beweislast auf den Remanufacturer verlagert wird, wenn der OEM Hinweise dafür vorlegen kann, dass die Software nicht aus einer erschöpften Quelle stammt.

Software-Upgrades im Aftermarket: Rechtliche Überlegungen

Eine weitere Schlüsselfrage ist, ob ein Remanufacturer berechtigt ist, eine Softwareeinheit zu aktualisieren. Solche Upgrades könnten notwendig sein, um beispielsweise mit einer neueren Hardwareversion kompatibel zu sein. Ob dies zulässig ist oder nicht, hängt davon ab, ob auch die Rechte an dem Upgrade erschöpft sind. Im Allgemeinen gilt das Prinzip, dass keine Softwarekopie ohne die ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers (in diesem Fall des OEM) vervielfältigt werden darf.

Die Bedeutung von Dokumentation und Rückverfolgbarkeit

Eine gute Dokumentationspraxis ist für Remanufacturer unerlässlich, insbesondere wenn es um die Nachverfolgung der Herkunft und Verwendung von Software geht. Dabei kann die Zuweisung spezifischer IDs, wie z.B. einer Core-Software-ID, die dann mit der einzigartigen ID des fertig remanufacturierten Produkts verknüpft wird, sehr hilfreich sein. Diese Praxis kann sowohl rechtliche Sicherheit als auch organisatorische Effizienz fördern.

Software und das Prinzip der Erschöpfung

Eines der Hauptthemen der Diskussion war das Prinzip der Erschöpfung, das auch für Software gilt. Dieses Prinzip besagt im Wesentlichen, dass die Rechte des Inhabers eines geistigen Eigentums nach dem ersten Verkauf des betreffenden Produkts (oder in diesem Fall der Software) „erschöpft“ sind, was bedeutet, dass der Rechteinhaber die weitere Verwendung des Produkts nicht mehr kontrollieren kann.

Trotz der Tatsache, dass dieses Prinzip auch auf Software anwendbar ist, ist die Situation bei ihrer Anwendung oft komplexer. Einer der Gründe dafür ist, dass Software oft kopiert und nicht einfach weiterverkauft wird, was das Prinzip der Erschöpfung potenziell untergraben könnte. Darüber hinaus können auch technische Fragen, wie z.B. die Notwendigkeit von Software-Upgrades oder die Anpassung der Software an spezifische Anforderungen, rechtliche Grauzonen schaffen.


Das Gleichgewicht zwischen Rechtsvorschriften und Kreislaufwirtschaft

Die rechtlichen Aspekte des Einsatzes von Software in der Remanufacturing-Branche sind komplex und erfordern eine sorgfältige Betrachtung. Gleichzeitig sollte das Rechtssystem ein ausgewogenes Verhältnis der Interessen gewährleisten, das die Belange der Kreislaufwirtschaft nicht aus den Augen verliert. Es besteht Zuversicht, dass das Remanufacturing trotz der zunehmenden Bedeutung der Software weiterhin eine tragfähige Option bleibt. Dennoch ist es klar, dass es Ausnahmen von dem Prinzip der Erschöpfung geben kann, insbesondere wenn Software als Service (SaaS) angeboten wird. Q: APRA / Bild: MID

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