Mit einem engmaschigen Netzwerk aus mehr als 1.000 Standorten und über 100.000 belieferten Werkstätten zählt LKQ Europe zu den größten Distributoren im europäischen Aftermarket. Doch die Zukunft steht zur Disposition. Der US-Mutterkonzern LKQ Corporation gerät durch den Druck des Hedgefonds Ananym Capital unter Zugzwang. Nach enttäuschenden Quartalszahlen wächst der Einfluss aktivistischer Investoren, die eine strategische Neuausrichtung fordern – einschließlich eines möglichen Verkaufs oder einer Abspaltung des Europageschäfts. Darüber informierte die Nachrichtenagentur Reuters in ihrem Artkel: Activist investor Ananym urges LKQ to sell European business
Die neusten Informationen finden Sie in unserem Artikel vom 5.11.2025: Ananym Capital fordert von LKQ den Verkauf des Europageschäfts
Strategischer Druck durch Investor: Ananym fordert radikale Schritte
Ananym Capital, ein noch junges, aber schlagkräftiges Investmenthaus, will LKQ zu einer klareren Fokussierung auf das nordamerikanische Geschäft bewegen. Nach Angaben von Insidern sollen bereits intensive Gespräche mit der LKQ-Führungsebene stattfinden. Im Zentrum der Forderungen steht ein Rückzug aus Europa – entweder durch einen vollständigen Verkauf oder eine Abspaltung der Region.
Dieser Vorstoß kommt nicht ohne Kontext: Nach enttäuschenden Q2-Ergebnissen hatte LKQ seine Jahresprognose für 2025 gesenkt, woraufhin die Aktie über 20 Prozent einbrach. Seit Jahresbeginn verlor der Kurs mehr als 17 %. Damit wächst der Handlungsdruck auf CEO Justin Jude, der erst seit Juli 2024 im Amt ist.
Das europäische Geschäft im Überblick
Mit einem Jahresumsatz von über 5,49 Milliarden US-Dollar ist Europa kein Nebenschauplatz – es handelt sich um einen der bedeutendsten Absatzmärkte des Konzerns. LKQ Europe besteht aus einer Vielzahl regionaler Marken, darunter:
- STAHLGRUBER Group
- Euro Car Parts (UK)
- Fource (Niederlande)
- RHIAG Group (Italien)
- Elit (Osteuropa)
- Auto Kelly (Tschechien, Slowakei)
- Atracco (Recycling, Schweden)
Diese Unternehmensgruppe beschäftigt rund 26.000 Mitarbeitende in über 20 Ländern. Der Kundenstamm ist breit aufgestellt: rund 100.000 freie Werkstätten werden regelmäßig mit Ersatzteilen beliefert – vom Pkw über Transporter bis hin zu Industriefahrzeugen.
Bedeutung für den europäischen Aftermarket
Ein möglicher Rückzug von LKQ Europe würde den Wettbewerb im europäischen Aftermarket erheblich verändern. Als marktprägender Anbieter hat LKQ maßgeblich zur Konsolidierung des Teilehandels beigetragen. Viele Werkstätten sind inzwischen in hohem Maße auf die logistische Stärke und Sortimentstiefe der Unternehmensgruppe angewiesen.
Der potenzielle Verkauf könnte entweder zu einer Übernahme durch einen Wettbewerber führen oder zur Aufteilung des Geschäfts auf verschiedene Käufer – beides Szenarien mit tiefgreifenden Konsequenzen für die Versorgungssicherheit und Preisgestaltung in Werkstatt und Teilehandel.
Bereits eingeleitete Schritte zur Portfoliobereinigung
Unabhängig vom Druck durch Ananym hatte LKQ zuletzt bereits Maßnahmen zur Straffung seines Portfolios ergriffen. So wurde im August 2025 das US-Segment der Selbstbedienungsschrottplätze an die Private-Equity-Gesellschaft Pacific Avenue Capital Partners verkauft. Auch die Zusammenarbeit mit Investmentbanken wie Bank of America und Jefferies lässt erkennen, dass strategische Optionen bereits geprüft werden.
Diese Entwicklungen legen nahe, dass sich LKQ auf einen tiefgreifenden Strukturwandel vorbereitet. Ob dieser Wandel auch Europa umfasst, ist derzeit Gegenstand interner Diskussionen – öffentlich äußert sich das Unternehmen nicht zu den Details.
Rückblick: LKQ und Ananym Capital
Bereits Anfang 2025 hatte der Investor Ananym Capital eine Einigung mit Ancora Holdings und Engine Capital erzielt. Diese führte zur Berufung von zwei neuen Direktoren in den Vorstand. Ananym zeigt sich derweil mit dem neuen CEO Justin Jude zufrieden, betont aber die Notwendigkeit einer stringenteren Ausrichtung des Konzerns auf profitablere Regionen.
Gerade weil Jude erst seit wenigen Monaten im Amt ist, steht er nun vor der Herausforderung, kurzfristige Erwartungen der Investoren mit den langfristigen Interessen des Unternehmens in Einklang zu bringen.
Mögliche Szenarien für LKQ Europe
Die Diskussion um einen Rückzug aus Europa eröffnet verschiedene denkbare Zukunftsszenarien:
- Spin-off: Abspaltung von LKQ Europe als eigenständiges Unternehmen mit eigenem Management und Börsennotierung. Vorteil: LKQ behält über Anteile Einfluss, reduziert aber Komplexität.
- Verkauf: Komplette Veräußerung an einen Wettbewerber oder Finanzinvestor. Dies würde die Unternehmensstruktur radikal vereinfachen, birgt jedoch operative Risiken.
- Reorganisation: Beibehaltung des Europageschäfts, aber mit interner Neuaufstellung (z. B. durch Dezentralisierung, Markenfokussierung oder Synergiereduktion).
Noch ist offen, welchen Weg LKQ gehen wird. Klar ist jedoch: Die kommenden Monate dürften entscheidend für die strategische Ausrichtung des Konzerns und die Zukunft der Teileversorgung in Europa werden.
Auswirkungen auf Werkstätten und Großhandel
Ein etwaiger Eigentümerwechsel bei könnte in der Praxis zu Änderungen bei Lieferbedingungen, Sortimenten und Margen führen. Besonders Werkstätten, die sich stark an LKQ-Marken bzw. Teilehändler gebunden haben, sollten die Entwicklungen genau verfolgen. Auch für Großhändler und regionale Distributoren kann sich die Wettbewerbslage grundlegend verschieben.
Kleinere Anbieter könnten im Falle einer Zerschlagung von LKQ Europe sogar profitieren, wenn sich die Marktmacht wieder stärker verteilt. Andererseits drohen auch Versorgungsengpässe, falls Übergangsprozesse stocken oder neue Eigentümer strategisch anders agieren.
Fazit: Entscheidung mit Signalwirkung für den gesamten Aftermarket
Der Vorstoß von Ananym Capital könnte zu einer der tiefgreifendsten Veränderungen im europäischen Automotive Aftermarket seit Jahren führen. LKQ Europe ist nicht nur ein Logistikriese, sondern auch ein Taktgeber für Innovationen, Standards und Preise im freien Teilehandel. Ein Rückzug oder Verkauf hätte Signalwirkung – sowohl für Werkstätten als auch für den Wettbewerb. In jedem Fall steht fest: Der europäische Markt muss sich auf mögliche Umbrüche einstellen, deren Auswirkungen weit über die Zukunft von LKQ hinausreichen. Q: Reuters
FAQ
Was fordert Ananym Capital von LKQ?
Ananym Capital fordert eine Abspaltung oder den Verkauf des europäischen Geschäfts, um den Fokus von LKQ auf Nordamerika zu stärken. Ziel ist eine höhere Profitabilität und ein besserer Aktienkurs. Die Forderung steht im Zusammenhang mit sinkenden Umsätzen und einem enttäuschenden Ausblick für 2025.
Wie groß ist LKQ Europe im Vergleich zum Mutterkonzern?
LKQ Europe erzielte 2020 einen Umsatz von über 5,49 Milliarden US-Dollar und beschäftigt rund 26.000 Mitarbeitende. Damit ist die Region ein zentraler Bestandteil des globalen Geschäftsmodells von LKQ. Ein Rückzug wäre ein massiver Einschnitt.
Welche Unternehmen gehören zur LKQ Europe Gruppe?
Zur LKQ Europe Gruppe zählen STAHLGRUBER, Euro Car Parts, RHIAG, Auto Kelly, Fource, Elit und Atracco. Diese Marken versorgen über 100.000 Werkstätten in mehr als 20 Ländern Europas. Jede Marke hat ihre eigene Marktstärke in der jeweiligen Region.
Welche Folgen hätte ein Rückzug für Werkstätten?
Ein Rückzug könnte zu Veränderungen bei Sortiment und Lieferzuverlässigkeit führen. Werkstätten müssten sich auf neue Anbieter einstellen oder mit veränderten Bedingungen arbeiten. Auch kleinere Großhändler könnten dadurch gestärkt werden, wenn sich Marktanteile neu verteilen.

