Die CLEPA Aftermarket Konferenz gilt als einer der wichtigsten Branchentreffs für Hersteller, Händler und Werkstätten im europäischen Kfz-Ersatzteilmarkt. In diesem Rahmen stellte Carsten Kopp von Bosch in seinem Vortrag Future Vehicle Diagnostics Technology for the Automotive Aftermarket die strategischen Entwicklungen im Bereich Fahrzeugdiagnose vor – mit einem klaren Fokus auf softwaredefinierte Fahrzeuge, Elektromobilität und den unabhängigen Aftermarket (IAM).
Bosch setzt auf ESI[tronic]
Mit der Multimarken Diagnose ESI[tronic] bietet Bosch eine der leistungsstärksten Diagnoselösungen im IAM. Weltweit eingesetzt, deckt sie über 90.000 Fahrzeugmodelle von 150 Herstellern ab und verarbeitet jährlich mehr als 50 Millionen Diagnosesitzungen. Die Plattform ist modular aufgebaut und bereits heute kompatibel mit SDV (Software defined vehicle) Strukturen und neuen E-Fahrzeugen.
Zu den Kernfunktionen zählen:
- OEM-Dokumentenzugriff über die integrierte Easy-Transport-Oberfläche
- Remote-Diagnose für komplexe Servicefälle per Cloud
- Zentraler OEM-Zugang durch „Secure Diagnostic Access“
- Diese Funktionen ermöglichen freien Werkstätten den Zugang zu sicherheitskritischen Systemen – etwa für ADAS-Kalibrierungen – ohne eigene OEM-Tools vorhalten zu müssen.
- Neue Fahrzeugarchitekturen fordern neue Diagnoseansätze
Ein zentraler Punkt im Vortrag: Die Veränderung der E/E-Architektur moderner Fahrzeuge. Statt dezentraler Steuergeräte setzen SDVs zunehmend auf zentralisierte Rechenplattformen – sogenannte High-Performance Computer (HPCs). Diese Architektur verändert die Logik der Diagnose grundlegend.
Bosch entwickelt diese Systeme auch als Tier-1-Lieferant und überträgt die Erkenntnisse direkt in seine IAM-Lösungen. Die Tesla-Diagnose in KTS EconX ist laut Bosch das erste marktfähige Beispiel, wie SDV-Diagnose im freien Markt funktionieren kann: mit System-Diagnosen, Self-Tests, Vehicle-Wide Calibrations und serviceorientierten Diagnose-Apps (SOBD).
Legislative Rahmenbedingungen: Zugang bleibt Schlüsselthema
Kopp betonte zudem die Notwendigkeit klarer gesetzlicher Grundlagen. Für eine faire Wettbewerbsstruktur im Aftermarket fordert Bosch:
- Zugang zu Ersatzteilen (Fortführung der Gruppenfreistellungsverordnung)
- Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen, auch bei SDVs und vernetzten Systemen
- Zugang zu Fahrzeugdaten und -diensten, sicher, standardisiert und diskriminierungsfrei
- Nur durch eine rechtlich gesicherte Datenverfügbarkeit können freie Werkstätten weiterhin wettbewerbsfähig bleiben.
- Remote Diagnostics als Lösung für Personalengpässe
Ein weiteres Highlight: Die Remote-Expert-Funktion. Sie erlaubt es Werkstätten, komplexe Aufgaben wie Steuergerät-Codierungen oder Kalibrierungen durch externe Spezialisten per Fernzugriff erledigen zu lassen. Für Betriebe mit begrenzter OEM-Kompetenz oder fehlendem Personal bedeutet das mehr Flexibilität im Servicealltag.
Ausblick: Cloud-Diagnose und automatisierte Serviceprozesse
Bosch skizzierte auch ein Zukunftsszenario, in dem Fahrzeuge permanent mit der Cloud verbunden sind. Fehlererkennung, Teiledisposition und Terminbuchung erfolgen automatisiert – unterstützt durch künstliche Intelligenz. Werkstätten werden so frühzeitig eingebunden, Reparaturen effizient vorbereitet und Kunden schneller bedient.
Bosch bringt SDV-Kompetenz in den IAM
Mit dem Vortrag Future Vehicle Diagnostics Technology for the Automotive Aftermarket lieferte Carsten Kopp einen klaren Ausblick auf die Anforderungen von morgen – und wie Bosch diese bereits heute adressiert. Die Kombination aus Hardware, Software, Remote-Funktionen und gesetzlicher Klarheit wird entscheidend sein, damit der freie Aftermarket im Zeitalter softwaredefinierter Fahrzeuge bestehen kann. HAR