Hochvolt Arbeitsplatz in der Werkstatt – Realität statt Zukunftsvision

Veröffentlicht am 25.11.2025
Die Elektromobilität ist längst kein Zukunftstrend mehr, sondern hält zunehmend Einzug in den Werkstattalltag. Viele freie Werkstätten zögern jedoch, in entsprechende Ausrüstung und Qualifizierung zu investieren – sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder mangels Nachfrage im ländlichen Raum. Doch der technologische Wandel im Fahrzeugbestand schreitet voran, neue Geschäftsfelder entstehen und der Marktdruck wächst. Welche Chancen und Herausforderungen die Elektromobilität für Werkstätten, Großhandel und Industrie mit sich bringt, zeigt eine aktuelle Diskussion im Rahmen der Mobility Service Expo.
 

Elektromobilität verändert die Anforderungen an freie Werkstätten grundlegend. Zwar ist der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) im aktuellen Fahrzeugbestand noch vergleichsweise gering, doch die Neuzulassungen steigen kontinuierlich. Wer auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben will, kommt an Investitionen in Hochvolt-Arbeitsplätze und Mitarbeiterqualifikation nicht vorbei. Der Schulterschluss zwischen Werkstatt, Handel und Industrie ist dabei entscheidend. Das war Thema auf einer Podiumsdiskussion auf der Messe MSX von der Einkaufskooperation Carat Automotive.


Elektromobilität verändert die Anforderungen an freie Werkstätten grundlegend. Zwar ist der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) im aktuellen Fahrzeugbestand noch vergleichsweise gering, doch die Neuzulassungen steigen kontinuierlich. Wer auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben will, kommt an Investitionen in Hochvolt-Arbeitsplätze und Mitarbeiterqualifikation nicht vorbei. Der Schulterschluss zwischen Werkstatt, Handel und Industrie ist dabei entscheidend.

Ölwechsel war gestern Hochvolt ist heute: Warum das Geschäftsmodell Werkstatt neu gedacht werden muss

Eines der zentralen Themen, das während der Gesprächsrunde auf der Keynote Stage der Mobility Service Expo zur Sprache kam, ist der Wegfall klassischer Umsatzträger. Elektrofahrzeuge benötigen keinen Ölwechsel, keine Zündkerzen und weniger Verschleißteile. Das sorgt bei vielen Werkstätten für Unsicherheit, denn die etablierten Ertragsquellen brechen weg.

Kai Kruse, Geschäftsführer eines Autohauses, beschreibt es treffend: Eine Inspektion bei einem Elektrofahrzeug dauert oft nur einen Bruchteil der Zeit im Vergleich zum Verbrenner. Der dadurch entstehende Umsatzrückgang stellt viele Betriebe vor die Frage, wie sich der Stundensatz künftig kalkulieren lässt. Gleichzeitig muss das Werkstattgeschäft wirtschaftlich bleiben, auch ohne das klassische „Ölgeschäft“.

Zwischen Pflicht und Freiwilligkeit: Die Rolle des Standorts

Nicht jede Werkstatt steht vor denselben Herausforderungen. In ländlichen Regionen wie etwa Husum sind Elektrofahrzeuge bislang kaum im Alltag angekommen. Das wirkt sich auch auf die Investitionsbereitschaft aus – verständlich, wenn die Nachfrage fehlt. In urbanen Gebieten oder touristisch geprägten Regionen wie Usedom sieht die Lage bereits anders aus. Hier kommen Kunden mit Elektroautos, und der Bedarf an Service steigt.

Entscheidend ist die Standortanalyse. Nur wer sein Umfeld und das lokale Mobilitätsverhalten kennt, kann eine fundierte Entscheidung treffen, ob und wann eine Umstellung auf Hochvolt-Arbeitsplätze sinnvoll ist. Klar ist aber auch: Der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge im Fahrzeugbestand wird weiter wachsen – und mit ihm die Anforderungen an Werkstätten.

Schrittweise Umrüstung: Hochvolt Investitionen mit Augenmaß

Ein komplett ausgestatteter Hochvolt-Arbeitsplatz kostet laut Schätzungen rund 10.000 Euro – keine unerhebliche Summe für kleinere Betriebe. Doch es braucht nicht sofort die Komplettlösung. Viele Teilnehmer des Panels plädieren dafür, in Etappen zu investieren: Schutzkleidung, Isolierhandschuhe, HV-Messwerkzeug, erste Qualifikationen – all das lässt sich nach und nach aufbauen.

Gerade im Bereich der Batteriearbeiten oder für tiefergehende Diagnosen reichen anfangs Partnernetzwerke aus, um den Kundenservice abzudecken. Das Prinzip: Eine Basiskompetenz im eigenen Haus schaffen, Spezialarbeiten bei Bedarf auslagern. So lässt sich Kundenbindung sicherstellen, ohne direkt das gesamte Risiko zu tragen.

Qualifikation ist der Schlüssel zum Hochvolt Arbeitsplatz

Einigkeit herrscht unter den Experten in einem Punkt: Ohne gezielte Weiterbildung ist die Umstellung nicht machbar. Der Hochvolt-Bereich unterliegt strengen Vorgaben der Berufsgenossenschaft. Ohne Qualifikation dürfen keine Arbeiten an Elektrofahrzeugen durchgeführt werden.

Dabei steht das Angebot bereits bereit: Ob über Industriepartner wie Valeo oder Schulungsanbieter wie Trainmobil – online und offline gibt es zahlreiche Programme für Werkstätten. Die Kombination aus E-Learning und Präsenztraining ermöglicht eine flexible Qualifizierung. Besonders betont wurde, dass junge Mechatroniker heute bereits in der Ausbildung grundlegende HV-Kenntnisse erwerben – ein Vorteil, den Betriebe aktiv nutzen können.

Neue Geschäftsmodelle: Wer jetzt investiert, profitiert später

Mit der Elektromobilität entstehen nicht nur neue Anforderungen, sondern auch neue Chancen. Batterietests, Software-Updates, Kalibrierung von Fahrerassistenzsystemen – all das wird Teil des künftigen Werkstattportfolios. Wer frühzeitig Know-how aufbaut, kann sich gezielt positionieren.

Ein Beispiel: Chinesische Fahrzeughersteller wie Maxus oder BYD suchen in Europa nach Servicepartnern. Für freie Werkstätten kann das ein attraktiver Einstieg in neue Herstellerbeziehungen sein – gerade, wenn der klassische Vertragswerkstattstatus nicht angestrebt wird. Auch Angebote wie PV-Anlagen, Wallbox-Montage oder Fahrzeug-Individualisierung im E-Bereich gewinnen an Bedeutung.

In der Diskussion wird deutlich: Elektromobilität bedeutet nicht nur „Verzicht auf Altbekanntes“, sondern bietet auch Raum für Differenzierung und Kundengewinnung. Werkstätten, die sich klar positionieren und ein modernes Dienstleistungsprofil aufbauen, schaffen sich einen Wettbewerbsvorteil.

Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor

Ein wiederkehrender Appell auf dem Panel: Werkstätten, Handel und Industrie müssen enger zusammenrücken. Nur gemeinsam lassen sich die Herausforderungen bewältigen – ob bei der Datenverfügbarkeit, der Teileversorgung oder der technischen Schulung.

Der freie Markt war in den letzten Jahrzehnten immer wieder gefordert, sich anzupassen – ob durch neue Prüfstandrichtlinien, Kältemittelwechsel oder Diagnosesysteme. Elektromobilität ist nur die nächste Evolutionsstufe. Wer heute investiert, sich vernetzt und bereit ist, Neues zu lernen, sichert seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig.

Fazit: Die Elektromobilität kommt – besser vorbereitet als überrascht

Die Elektromobilität lässt sich nicht aufhalten. Auch wenn der Umbruch schleichend verläuft und je nach Region unterschiedlich stark spürbar ist, wird der Anteil elektrischer Fahrzeuge in den nächsten Jahren kontinuierlich steigen. Freie Werkstätten sind gefordert, sich Schritt für Schritt auf diese Entwicklung einzustellen – sei es über Qualifikation, Investitionen in Infrastruktur oder durch neue Geschäftsmodelle.

Wichtig ist, die Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen. Wer den Kunden auch künftig ein modernes Leistungsportfolio anbieten möchte, muss sich mit den Anforderungen neuer Technologien auseinandersetzen. Und wer heute handelt, hat morgen einen Vorsprung. Q: MSX / Carat / AMtalk

FAQ

Wie teuer ist die Umrüstung auf einen Hochvolt Arbeitsplatz?

Ein vollständiger Hochvolt-Arbeitsplatz kostet durchschnittlich rund 10.000 Euro. Die Investition lässt sich jedoch schrittweise aufbauen. Erste Schritte wie Schutzkleidung und HV-Werkzeug sind bereits mit deutlich geringerem Budget umsetzbar. Die vollständige Ausrüstung inklusive Batterietisch und Diagnose ist langfristig sinnvoll.

Warum fällt das Ölgeschäft beim Elektroauto weg?

Elektrofahrzeuge benötigen kein Motoröl, da sie ohne Verbrennungsmotor auskommen. Dadurch entfallen Ölwechsel als regelmäßige Wartungsposition. Werkstätten müssen sich auf alternative Umsatzfelder wie Softwarediagnose, Batterietests und Kalibrierung spezialisieren, um wirtschaftlich zu bleiben.

Welche Qualifikationen braucht das Werkstattpersonal für ein Hochvolt Arbeitsplatz?

Für Arbeiten an Hochvolt-Systemen sind spezielle Schulungen gemäß DGUV-Vorgaben erforderlich. Bereits in der Ausbildung erlernen Kfz-Mechatroniker Grundlagen, darüber hinaus sind Aufbaustufen wie HV-1 und HV-2 Pflicht. Schulungsanbieter wie Valeo oder Trainmobil bieten praxisnahe Weiterbildungsmöglichkeiten an.

Wird Elektromobilität verpflichtend für Werkstätten?

Derzeit gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, E-Auto-Service anzubieten. Allerdings steigen Neuzulassungen von BEVs kontinuierlich. Werkstätten, die sich frühzeitig vorbereiten, sichern sich Marktanteile. Langfristig wird Elektromobilität zum festen Bestandteil des Werkstattalltags werden – freiwillig oder aus wirtschaftlichem Druck heraus.


 

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