Ein unscheinbarer Kasten im Kofferraum oder unter dem Beifahrersitz kann im Ernstfall Leben retten: der Kfz-Verbandkasten. Seit über 50 Jahren wird seine Kontrolle im Rahmen der Hauptuntersuchung durchgeführt. Die GTÜ gibt Hinweise zur richtigen Handhabung, zur geltenden Norm und zur praktischen Bedeutung der Ersten Hilfe im Straßenverkehr und darüber hinaus.
Warum der Verbandkasten seit 1971 Teil der HU ist
Die Prüfung des Verbandkastens gehört seit Einführung der Hauptuntersuchung im Jahr 1971 fest zum Prüfprogramm. Dabei geht es nicht nur darum, ob das Set im Auto vorhanden ist – es wird auch kontrolliert, ob es vollständig und der Inhalt noch haltbar ist. Die Erfahrung der Prüfingenieure zeigt, dass der Verbandkasten nur in seltenen Fällen komplett fehlt. Häufiger liegt der Mangel im abgelaufenen Sterilmaterial, das meist eine Haltbarkeit von fünf Jahren besitzt.
Ein Blick auf das Haltbarkeitsdatum lohnt sich besonders vor der zweiten HU eines Neufahrzeugs. Statt eines kompletten Neukaufs genügt in den meisten Fällen der gezielte Austausch der sterilen Bestandteile. Wichtig ist dabei auch die Überprüfung auf Vollständigkeit.
Die aktuelle Norm DIN 13164:2022-02 definiert, welche Inhalte ein Verbandkasten im Auto haben muss. Seit 2022 gehören auch zwei Mund-Nase-Schutzmasken zur Standardausstattung. Noch ist die Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) nicht an die neue Norm angepasst – sie verweist weiterhin auf ältere Ausgaben der DIN 13164. Dennoch erfüllen alle aktuell im Handel erhältlichen Verbandkästen die Anforderungen.
Sobald die StVZO aktualisiert ist, wird die 2022er Norm auch offiziell zur Vorschrift. Bis dahin gilt: Wer einen Verbandkasten mit gültigem Sterilmaterial besitzt, muss diesen nicht zwingend austauschen – auch wenn die Verpackung noch eine ältere Norm ausweist.
Erste Hilfe: Wissen und Ausstattung gehören zusammen
Ein vollständiger Verbandkasten allein genügt im Ernstfall nicht. Nur wer weiß, wie die enthaltenen Materialien eingesetzt werden, kann effektiv helfen. Professor Dr. Andreas Seekamp, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, betont in einem Interview mit der GTÜ die Bedeutung der Ersten Hilfe: Nur durch regelmäßige Auffrischung der Kenntnisse – etwa in Kursen von Hilfsorganisationen – lässt sich im Notfall richtig reagieren.
Die GTÜ rät dazu, sich mit dem eigenen Verbandkasten vertraut zu machen: Wo befindet er sich im Fahrzeug? Wie ist das Material verpackt? Was genau ist enthalten? Und: Ist alles noch haltbar?
Verbandkästen kommen nicht nur bei Verkehrsunfällen zum Einsatz. Viele Autofahrer nutzen das Material auch bei Freizeitunfällen, im Haushalt oder beim Sport. Entsprechend wichtig ist es, den Verbandkasten nach jedem Gebrauch wieder aufzufüllen. Nur so bleibt die Ausrüstung vollständig und einsatzbereit.
Wie Professor Seekamp aus eigener Erfahrung berichtet, ist das Erste-Hilfe-Set ein praktisches Werkzeug für viele alltägliche Verletzungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Unfall auf der Straße oder im Garten passiert – die Ausstattung ist oft dieselbe.
Verantwortung von Werkstätten bei der HU-Vorbereitung
Im Vorfeld einer Hauptuntersuchung fällt Werkstätten eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Verbandkastens zu. Zwar liegt die formale Verantwortung beim Halter des Fahrzeugs, doch viele Kundinnen und Kunden verlassen sich auf die Unterstützung durch Fachbetriebe. Bei einem HU-Vorabcheck oder einer Wartung bietet sich die Gelegenheit, das Erste-Hilfe-Set gleich mit zu prüfen. Eine kurze Sichtkontrolle auf Vorhandensein, Haltbarkeit und Normkennzeichnung genügt meist. Bei fehlendem oder abgelaufenem Material kann direkt Ersatz angeboten werden – ein zusätzlicher Service mit praktischem Mehrwert.
Auch im Teilegroßhandel bietet der Verbandkasten Potenzial für gezielte Kundenansprache. Insbesondere im Rahmen von HU-Aktionszeiträumen, bei der Fahrzeugauslieferung oder beim Teilegroßeinkauf für Fuhrparks lohnt es sich, auf aktuelle Normen und Inhalte hinzuweisen. Händler, die über die DIN 13164:2022-02 sowie die Übergangsfristen in der StVZO informiert sind, bieten eine qualifizierte Beratung, die über reinen Produktverkauf hinausgeht. Empfehlenswert ist eine Sortimentspflege mit Varianten für Pkw, Lkw und Sonderfahrzeuge, um die passende Ausstattung je nach Einsatzzweck anbieten zu können.
Fazit
Die Pflicht zur Mitführung und Prüfung des Verbandkastens ist mehr als nur eine formale Vorschrift. Sie hat sich als effektive Maßnahme zur Steigerung der Verkehrssicherheit bewährt. Wer regelmäßig das Haltbarkeitsdatum kontrolliert und sein Erste-Hilfe-Wissen auffrischt, trägt aktiv zur Unfallhilfe bei – auf der Straße und darüber hinaus. Mit Blick auf die kommende Anpassung der StVZO bleibt das Thema aktuell. Werkstätten und Teilehändler sollten deshalb auf die geltende Norm und den Zustand der Verbandkästen im Kundenumfeld achten. Quelle: GTÜ