VDA-Kommentierung zur Abstimmung der Altfahrzeugverordnung

Veröffentlicht am 31.10.2025
Mit der Abstimmung zur Altfahrzeugverordnung hat das Europäische Parlament die Grundlage für die kommenden Trilog-Verhandlungen mit Rat und Kommission gelegt. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bewertet die Fortschritte grundsätzlich positiv, weist jedoch auf die Notwendigkeit realistischer Recyclingziele und praktikabler Umsetzungsbedingungen hin. Im Fokus stehen die Kreislaufwirtschaft, die Behandlung von Elektrofahrzeugen sowie die Berücksichtigung mittelständischer Hersteller im Nutzfahrzeugsektor. Der VDA fordert, ökologische und ökonomische Aspekte in Einklang zu bringen.
 

Die Überarbeitung der europäischen Altfahrzeugverordnung soll den Grundstein für eine effizientere Kreislaufwirtschaft legen und zugleich neue Anforderungen an Automobilhersteller und Recyclingbetriebe definieren. Nach der Abstimmung im Europäischen Parlament hat der VDA seine Position zur geplanten Regulierung erläutert und konkrete Forderungen für die bevorstehenden Verhandlungen formuliert.


Bedeutung der Altfahrzeugverordnung für die Kreislaufwirtschaft

Der VDA betont, dass Altfahrzeuge wertvolle Rohstoffquellen darstellen und ein wesentlicher Bestandteil der Kreislaufwirtschaft sind. Seit Einführung der deutschen Altfahrzeugverordnung in den 1990er-Jahren hätten sich wirtschaftlich tragfähige Recyclingmodelle etabliert, die als Basis für die nun geplante europäische Regelung dienen könnten. Ziel der Überarbeitung sei es, die bestehenden Strukturen auf neue Fahrzeugtechnologien – insbesondere auf Elektrofahrzeuge – zu übertragen und gleichzeitig die Balance zwischen Umweltzielen und Wirtschaftlichkeit zu wahren.

Dabei dürfe Kreislaufwirtschaft nicht auf reines Recycling reduziert werden. Wiederverwendung, Aufbereitung und die Nutzung von Ersatzteilen müssten ebenso als Teil des Systems verstanden werden. Der VDA sieht hierin die Chance, bestehende Wertschöpfungsketten zu stärken und Materialkreisläufe langfristig in Europa zu sichern.

Realistische Vorgaben für Recyclingkunststoffe

Ein zentrales Anliegen des Verbands ist die Festlegung realistischer und technologisch machbarer Ziele beim Einsatz von Recyclingkunststoffen. Laut VDA sollten alle verfügbaren Quellen genutzt werden – darunter Industrieabfälle und Produktionsreste. Ergänzend müsse auch das chemische Recycling berücksichtigt werden, um die Materialbasis zu erweitern und neue Verwertungswege zu erschließen.

Der Verband fordert zudem eine regelmäßige Überprüfung der Zielvorgaben, um auf technologische Fortschritte und Marktveränderungen reagieren zu können. Nur durch flexible Anpassungen ließen sich ökologische Anforderungen und wirtschaftliche Tragfähigkeit in Einklang bringen.

Die geplante Ausweitung der Herstellerverantwortung bewertet der VDA grundsätzlich als sinnvolles Instrument, sofern sie auf vertraglicher Basis umgesetzt wird. Hersteller könnten nur für Prozesse Verantwortung übernehmen, in denen sie selbst unmittelbar eingebunden seien. Dies sei notwendig, um Qualität, Rückverfolgbarkeit und Ressourcensicherung innerhalb Europas zu gewährleisten.

Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Umgang mit Elektrofahrzeugen. Deren Traktionsbatterien dürfen laut VDA ausschließlich von geschultem Personal ausgebaut werden. Eine autorisierte Demontage bilde die Grundlage für Wiederaufbereitung und hochwertiges Recycling. Gleichzeitig warnt der Verband vor Sicherheitsrisiken durch unbefugte Eingriffe in Hochvoltsysteme.

Technische Flexibilität und mittelständische Besonderheiten

Bei den technischen Vorgaben fordert der VDA eine praxisgerechte Ausgestaltung. Eine verpflichtende manuelle Demontage sei nicht in allen Fällen sinnvoll, da moderne Sortierverfahren vergleichbare Ergebnisse erzielen könnten. Deshalb müsse die jeweils beste verfügbare Technik zum Einsatz kommen, um Effizienz und Umweltschutz gleichermaßen zu fördern.

Darüber hinaus mahnt der Verband an, die speziellen Bedingungen mittelständischer Aufbau- und Anhängerhersteller im Nutzfahrzeugsektor zu berücksichtigen. Diese Unternehmen fertigen oft kleine Serien mit langen Einsatzzeiten. Eine pauschale Einbeziehung in die erweiterte Herstellerverantwortung würde sie unverhältnismäßig belasten. Der VDA spricht sich daher für eine Beibehaltung der von der EU-Kommission ursprünglich vorgesehenen Ausnahmeregelungen aus.

Mit der Parlamentsabstimmung ist der Weg für die Trilog-Verhandlungen frei. Der VDA erwartet, dass die Gespräche zwischen Parlament, Rat und Kommission noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können. Für die deutsche Automobilindustrie bleibt entscheidend, dass europäische Sonderwege vermieden und internationale Standards angewendet werden. Nur so könne unnötige Bürokratie verhindert und die Wettbewerbsfähigkeit der Branche auf globaler Ebene gesichert werden.

Neue Anforderungen an Demontagebetriebe und Ersatzteilverwerter

Mit der geplanten europäischen Altfahrzeugverordnung gewinnen Demontagebetriebe und Ersatzteilverwerter an Bedeutung. Der VDA betont, dass eine erfolgreiche Umsetzung nur mit einem flächendeckenden Netz zertifizierter Rücknahmestellen möglich ist. Dabei sollen sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Anforderungen berücksichtigt werden. Für Betriebe bedeutet dies höhere Anforderungen an Dokumentation, Nachverfolgbarkeit und Materialtrennung. Besonders wichtig wird künftig die klare Trennung von Baugruppen, die sicherheitsrelevante oder batteriebezogene Komponenten enthalten. Gleichzeitig eröffnet sich für den Teilehandel ein Potenzial im Bereich geprüfter Gebrauchtteile, deren Wiederverwendung in der Werkstattpraxis zunehmend gefragt ist.

Die Fortschritte im Bereich Sortier- und Aufbereitungstechnik beeinflussen maßgeblich, wie effizient die Ziele der Altfahrzeugverordnung erreicht werden können. Moderne Anlagen nutzen automatisierte Sensorik, KI-gestützte Erkennungssysteme und robotergestützte Trennverfahren, um Materialien präziser zu sortieren. Dadurch lassen sich höhere Reinheitsgrade erzielen und der Einsatz recycelter Rohstoffe in der Fahrzeugproduktion wirtschaftlich attraktiver gestalten. Der VDA sieht darin eine Chance, technologische Führungspositionen europäischer Unternehmen auszubauen. Gleichzeitig betont der Verband, dass Investitionen in solche Technologien nur durch stabile Rahmenbedingungen und Planungssicherheit angeregt werden können.

Bedeutung für den Ersatzteil- und Aftermarket-Sektor

Für den freien Teilehandel und Werkstätten ergeben sich aus der neuen Regulierung mittel- und langfristig Veränderungen. Der verstärkte Fokus auf Wiederverwendung und Recycling könnte die Nachfrage nach Original-Ersatzteilen, wiederaufbereiteten Komponenten und geprüften Gebrauchtteilen beeinflussen. Hersteller und Großhändler müssen daher Prozesse zur Rückführung, Prüfung und Wiederverwendung stärker in ihre Geschäftsmodelle integrieren. Eine verbesserte Kennzeichnung von Komponenten – etwa durch digitale Produktpässe – wird in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen. Diese Pässe ermöglichen eine lückenlose Nachverfolgbarkeit von Materialien und erleichtern die Zuordnung von Bauteilen im Recyclingprozess.

Ein weiterer Schwerpunkt der VDA-Stellungnahme betrifft die Harmonisierung der Vorschriften innerhalb der Europäischen Union. Unterschiedliche nationale Regelungen hätten in der Vergangenheit zu Mehraufwand und Wettbewerbsnachteilen geführt. Der Verband fordert daher, einheitliche europäische Standards zu schaffen, die auch mit internationalen Regelwerken kompatibel sind. Nur so könne der europäische Markt als einheitlicher Wirtschaftsraum agieren und Investitionen in neue Recyclingkapazitäten lohnend gestalten. Zudem betont der VDA, dass eine enge Abstimmung mit globalen Partnern notwendig ist, um gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen fairen Zugang zu Rohstoffen zu gewährleisten.


Fazit

Die VDA-Kommentierung zur Altfahrzeugverordnung verdeutlicht die Spannungsfelder zwischen Umweltpolitik, technischer Machbarkeit und wirtschaftlicher Realität. Während der Verband die politische Einigung grundsätzlich begrüßt, fordert er praxistaugliche Regelungen, die den europäischen Recyclingsektor stärken, Innovation fördern und den Standort Europa im internationalen Wettbewerb nicht schwächen. Die kommenden Trilog-Verhandlungen werden zeigen, inwieweit diese Anforderungen Berücksichtigung finden. Quelle: VDA

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