Im Projekt evTrailer2, gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, haben Industriepartner und Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer-Institut neue Standards für nachhaltigen Gütertransport im Schwerlastverkehr gesetzt. Mit der Integration elektrifizierter Anhänger in bestehende Fahrzeugkonzepte wurde eine deutliche Effizienzsteigerung nachgewiesen, die weit über bisherige Ansätze hinausgeht.
Elektrifizierte Sattelzug-Systeme im Praxiseinsatz
Der im Jahr 2025 in Betrieb genommene evTrailer ist mit einem elektrischen Antriebsstrang ausgestattet, der zwei Elektromotoren und eine leistungsstarke Traktionsbatterie kombiniert. Dieses System ermöglicht die Rückgewinnung von Brems- und Rekuperationsenergie und unterstützt die Zugmaschine aktiv bei der Traktion. Ergänzt wird die Energiebereitstellung durch Solarpanels an den Seitenwänden und auf dem Dach, die zur Nachladung beitragen. Damit wird ein energieautarkes Betriebsmodell realisiert, das die Wirtschaftlichkeit im Fernverkehr deutlich verbessert.
Hybridbatterie und prädiktives Energiemanagement
Ein im Labor erprobtes hybrides Batteriesystem verbindet Hochenergie- mit Hochleistungszellen. Dadurch lassen sich Gewicht und Ladezyklen optimieren, während Leistungsspitzen bei Rekuperation oder Steigungen zuverlässig abgefangen werden. Die cloudbasierte Steuerung greift auf eine prädiktive Betriebsstrategie zurück, die Fahrprofile analysiert und Energieflüsse dynamisch steuert. Diese Lösung sorgt für eine gleichmäßige Auslastung der Batteriezellen und verlängert die Lebensdauer der Komponenten.
Besonders praxisnah zeigt sich die Entwicklung des elektrifizierten Bugrads (Dolly), das eigenständiges Rangieren des Trailers ohne Zugmaschine ermöglicht. Mit seinem zweiachsigen Aufbau kann der Dolly hohe Lasten tragen und Bewegungen radselektiv unterstützen. Durch integrierte Zweiganggetriebe werden hohe Drehmomente realisiert, was präzises Positionieren in Depots oder auf Betriebshöfen erlaubt. Logistikprozesse wie Be- und Entladung lassen sich dadurch deutlich flexibler gestalten.
Steuerung und Vernetzung über die Trailer-Control-Unit
Die Multilevel-Trailer-Control-Unit (TCU) bildet das Herzstück der Steuerung. Sie verknüpft Photovoltaik, Batterie, Antriebseinheiten und Bugrad mit der Sensorik und Aktorik des Systems. Ergänzend übernehmen die Hochvolt-Boxen PDU-smart und PDU-small die Überwachung und Verschaltung der Energiekomponenten. Über Mobilfunk werden Betriebsdaten an einen Fleet-PC übertragen, sodass Flottenbetreiber die Fahrzeuge in Echtzeit überwachen und steuern können.
Die im Projekt gewonnenen Ergebnisse verdeutlichen, dass schwere Nutzfahrzeuge mit elektrifizierten Aufliegern sowohl ökologisch als auch ökonomisch einen erheblichen Mehrwert bieten. Die kommerzielle Nutzung des Systems ist für die kommenden Jahre vorgesehen. Dabei wird der evTrailer nicht nur die Emissionsziele im Fernverkehr unterstützen, sondern auch den innerbetrieblichen Transport in Logistikzentren effizienter gestalten.
Bedeutung für Wartung und Serviceprozesse
Die Einführung elektrifizierter Sattelauflieger bringt neue Anforderungen an Wartung und Service mit sich. Neben klassischen Prüfungen an Bremse, Achse und Fahrwerk gewinnen elektrische Komponenten wie Traktionsbatterie, Steuergeräte und Hochvoltsysteme an Bedeutung. Werkstätten müssen daher über Diagnosegeräte verfügen, die eine Fehleranalyse der Trailer-Control-Unit und der Hochvolt-Boxen ermöglichen. Zudem rücken präventive Inspektionsintervalle in den Fokus, um die Funktionsfähigkeit des Energiemanagements und der Rekuperationssysteme dauerhaft sicherzustellen.
Für den Teilegroßhandel eröffnet die Technologie neue Geschäftsfelder. Neben Standardkomponenten wie Achsen, Bremsbelägen oder Beleuchtungseinheiten kommen spezialisierte Ersatzteile für die elektrifizierte Antriebseinheit hinzu. Dazu zählen Batteriemodule, Leistungselektronik, Sensorik sowie Kühlkomponenten für die Energiespeicher. Auch Hochvolt-Kabelsätze und Photovoltaik-Module werden künftig verstärkt nachgefragt. Händler müssen ihre Sortimente anpassen und gleichzeitig Werkstätten mit dem nötigen Know-how unterstützen.
Fazit
Das Projekt evTrailer2 demonstriert eindrucksvoll, wie elektrische Traktionsunterstützung, intelligente Energiespeicherung und autonome Fahrfunktionen zusammenspielen können. Mit Einsparungen von bis zu 40 Prozent bei den Treibhausgasemissionen eröffnet sich ein neues Kapitel im Bereich nachhaltiger Schwerlastlogistik. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden eine solide Grundlage für die Serienreife und die breite Einführung im Nutzfahrzeugmarkt. Quelle: Fraunhofer-Institut