Die First Brands Group (FBG) zählt zu den größten Anbietern von Aftermarket-Komponenten in Nordamerika. Die überraschende Insolvenz betrifft auch mögliche Lieferengpässe. FBG-Marken wie Raybestos, Fram, Autolite oder Trico sind weit verbreitet. Es bleiben Unsicherheiten – nicht zuletzt wegen offener Betrugsvorwürfe und möglicher Managementverfehlungen.
First Brands Group Verfahren und Finanzlücken
Am 29. September 2025 beantragte First Brands Group beim Konkursgericht in Texas Insolvenzschutz. Das Unternehmen gab Verbindlichkeiten zwischen 10 und 50 Mrd. US-Dollar an – dem gegenüber stehen Aktiva von lediglich 1 bis 10 Mrd. US-Dollar. Besonders brisant: Kurz vor dem Insolvenzantrag kam ans Licht, dass First Brands Group rund 2,3 Mrd. US-Dollar an Forderungen „aus Verbriefungen“ offengelegt hatte. Laut Gläubiger Raistone Capital seien diese Mittel verschwunden oder mehrfach verkauft worden.
Die US-Justiz und der eingesetzte Konkursverwalter untersuchen den Verdacht auf betrügerische Forderungsfinanzierung. Das US-Justizministerium beantragte am 16. Oktober einen unabhängigen Konkursprüfer. Die Entscheidung des Gerichts steht für den 29. Oktober aus.
Führungswechsel bei First Brands Group und interne Aufklärung
In Folge der Entwicklungen trat First Brands Group Gründer Patrick James am 13. Oktober als CEO zurück. Interimistisch übernimmt Restrukturierungsexperte Charles Moore, der die finanzielle Sanierung leiten und einen möglichen Verkauf vorbereiten soll. Parallel wurde eine interne Sonderkommission eingesetzt, um die Bilanzunregelmäßigkeiten aufzuklären.
Moore kündigte an, dass der operative Betrieb fortgeführt werde. Löhne, Leistungen und Lieferantenrechnungen sollen über die genehmigte Finanzierung gedeckt werden. Das Gericht hatte First Brands Group bereits am 2. Oktober den Zugriff auf 500 Mio. US-Dollar aus dem 1,1 Mrd. US-Dollar schweren Kreditpaket gewährt.
Auswirkungen auf den Teilehandel und die Lieferketten
First Brands Group beliefert mit seinen Aftermarket-Marken vor allem Werkstattketten, Teilehändler und Handelskette wie AutoZone, O’Reilly, NAPA oder Walmart. In Europa sind Produkte von Fram, Raybestos oder Trico ebenfalls in vielen Sortimenten vertreten. Die Insolvenz betrifft zunächst nur die US-Aktivitäten. Internationale Geschäftseinheiten sollen laut First Brands Group ohne Einschränkungen weitergeführt werden.
Dennoch zeigen sich bereits erste Auswirkungen:
Lieferengpässe und verspätete Zahlungen
Schon vor dem Insolvenzantrag kam es zu Zahlungsausfällen. Laut Daten von Creditsafe stieg die durchschnittliche Zeit über Zahlungsziel von 36 Tagen im März auf 55 Tage im Juni 2025. Im August lag der Wert noch bei 47 Tagen. Viele Lieferanten dürften deshalb bereits vor der offiziellen Insolvenz zurückhaltend agiert haben, was sich nun in eingeschränkter Produktverfügbarkeit bemerkbar macht – insbesondere bei stark gefragten Warengruppen wie Bremsbelägen, Filtern und Zündkerzen.
Marktkonzentration und Preissteigerungen
Durch Übernahmen hatte First Brands Group einen erheblichen Marktanteil im Aftermarket aufgebaut. Der mögliche Wegfall oder die Einschränkung einzelner Produktlinien kann zu einer Reduktion der Auswahl und steigenden Preisen führen. Unabhängige Werkstätten und Händler könnten gezwungen sein, auf teurere OE-Teile auszuweichen oder alternative Bezugsquellen zu erschließen.
US Automarkt Medien wie MotorTrend warnen vor einer drastischen Konsolidierung im Teileangebot, sollten First Brands Group nicht zügig restrukturiert oder verkauft werden. Lesen Sie auch einen Artikel von MotorTrend: „Auto Parts Suppliers Bankruptcy Spells Potential Trouble“
Factoring-Modelle als Risikopuffer
Ein zentraler Aspekt der bisherigen Geschäftstätigkeit waren Forderungsverkaufsmodelle. First Brands Group hatte Zahlungen von Händlern an Finanzdienstleister wie Point Bonita (Jefferies) verkauft. Das bedeutet: Auch bei einer First Brands Group Insolvenz sind die Händler zur Zahlung verpflichtet – allerdings nicht an First Brands Group, sondern an die Gläubiger. Dieses Konstrukt sichert zumindest kurzfristig die Zahlungsflüsse und stabilisiert Teile der Lieferkette.
Reaktionen der Gläubiger und Marktteilnehmer
Mehrere Banken meldeten hohe Forderungsausfälle:
- Jefferies sieht sich mit rund 43 Mio. US-Dollar Risiko konfrontiert.
- Die UBS zählt mit Forderungen über 500 Mio. US-Dollar zu den größten Gläubigern.
- Auch Banco Santander ist mit 77 Mio. US-Dollar betroffen.
Der Vorstandsvorsitzende von Jefferies sprach offen von einem „Betrug“, sieht aber nur begrenzte Auswirkungen auf das übrige Bankgeschäft. JPMorgan-Chef Jamie Dimon warnte im Zusammenhang mit First Brands Group Insolvenz und dem ebenfalls insolventen Autohändler Tricolor vor „Kakerlaken“ – ein Hinweis auf weitere mögliche Risiken im Kreditmarkt.
Strategische Optionen für den Handel
Der US-Aftermarket zeigt sich zunehmend nervös. Händler und Großhändler prüfen derzeit Alternativen und mögliche Umschichtungen im Lieferportfolio. Anbieter wie Bosch, Dorman oder Tenneco bzw. Driv gelten als mögliche Profiteure – insbesondere durch ihre stabilen Bilanzen und globale Aufstellung.
Versorgungsperspektive im europäischen Raum
Nach aktuellem Stand soll die Versorgung in Europa weiterlaufen. Dennoch sind auch hier Preisaufschläge und eine geringere Produktvielfalt möglich. Werkstätten und Teilegroßhändler dürften sich auf Engpässe in bestimmten Warengruppen einstellen müssen. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass viele Distributoren auf stabilere Hersteller setzen und ihre Einkaufsstrategie anpassen. Eine stärkere Diversifizierung der Lieferquellen könnte mittelfristig zur Folge haben, dass kleinere Marken Anbieter wie FBG ersetzen. REN
Fazit zur First Brands Group Insolvenz und deren Auswirkungen
Die Insolvenz der First Brands Group ist eines der größten Ereignisse im internationalen Aftermarket seit Jahren. Während das operative Geschäft durch Finanzierungen vorerst gesichert scheint, bleiben die strukturellen Risiken bestehen. Lieferverzögerungen, Preisanpassungen und Engpässe sind bereits sichtbar und könnten sich verschärfen, sollte First Brands Group nicht zeitnah eine tragfähige Lösung finden. Händler sind gut beraten, alternative Bezugsquellen zu prüfen und kritische Produktlinien frühzeitig abzusichern. REN / Bild: First Brands Group
FAQ
Wie wirkt sich die First Brands Group Insolvenz auf die Ersatzteilversorgung aus?
Kurzfristig bleibt die Versorgung gesichert, da First Brands Group über Finanzierungs-Modelle weiter beliefert. Langfristig drohen jedoch Lieferengpässe bei bestimmten Marken wie Fram, Raybestos und Trico. Vor allem unabhängige Werkstätten und kleinere Händler könnten betroffen sein.
Welche Marken gehören zur First Brands Group?
Zur First Brands Group gehören unter anderem Fram Filter, Autolite Zündkerzen, Raybestos Bremsbeläge, Centric Parts, Trico Wischerblätter und Draw Tite. Diese Marken zählen zu den führenden Anbietern im nordamerikanischen und europäischen Aftermarket-Segment.
Was steckt hinter den Finanzproblemen bei der First Brands Group ?
First Brands Group hatte Forderungen in Milliardenhöhe ausgelagert und offenbar mehrfach verkauft. Die US-Justiz prüft derzeit mögliche Betrugsfälle. Offen ist, ob Mitglieder des Managements verantwortlich sind. Der Schaden beläuft sich laut Gläubigern auf über 2 Mrd. US-Dollar.
Können Händler weiterhin bei First Brands Group bestellen?
Ja, das operative Geschäft wird durch Finanzierungsmodelle aktuell weitergeführt. Teilehändler können weiterhin bestellen, sollten aber mit möglichen Lieferverzögerungen rechnen. Parallel empfiehlt sich eine Prüfung alternativer Bezugsquellen.