Freie Werkstätten in Deutschland, Österreich und der Schweiz stehen an einem Scheideweg. Während ein Teil auf bewährte Antriebstechnologie setzt, richtet sich ein wachsender Anteil auf die Zukunft mit E-Fahrzeugen aus. Eine Pulsbefragung von MEYLE und dem Marktforschungsinstitut INNOFACT zeigt ein geteiltes Bild. Zwar sehen viele Betriebe die Chancen der E-Mobilität – doch es mangelt an konsequenter Umsetzung.
Kein klares Meinungsbild: Verbrenner bleibt vorn – vorerst
Das zentrale Ergebnis der Befragung unter 100 freien Werkstätten: 53 Prozent erwarten auch künftig ein Geschäft mit Verbrennerfahrzeugen, 47 Prozent hingegen sehen die Zukunft in der Elektromobilität. Damit wird deutlich, dass sich die Branche in zwei nahezu gleich große Lager aufteilt. Dabei wird nicht nur der Status quo zementiert – es entstehen auch neue strategische Herausforderungen für Teilehersteller, Großhändler und Werkstattpartner.
Viele Betriebe orientieren sich weiterhin stark an der aktuellen Kundennachfrage: Fast 50 Prozent geben an, dass ihre Kundschaft überwiegend mit Verbrennern unterwegs ist. Die Nachfrage nach Services für E-Fahrzeuge bleibt aus ihrer Sicht gering – was bei rund 40 Prozent den Ausschlag gibt, das Thema E-Mobilität vorerst nicht weiter zu verfolgen. Hinzu kommen Investitionshürden: Rund ein Drittel empfindet die notwendigen Aufwendungen für Schulungen und Technik als zu hoch.
Trotz dieser Skepsis erkennen viele Betriebe die langfristigen Chancen im Bereich der Elektromobilität. Doch die Umsetzung hinkt hinterher: Zwar sehen 47 Prozent der befragten Werkstätten in der E-Mobilität ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld – aber nur 16 Prozent haben ihr Personal bislang gezielt dafür geschult. Selbst unter den „Überzeugten“ investiert lediglich etwa ein Drittel systematisch in Weiterbildung.
Diese Diskrepanz zwischen Erkenntnis und Handlung benennt MEYLE klar als „Analyse-Paralyse“ – ein Zustand, in dem Chancen erkannt, aber nicht genutzt werden. In der Konsequenz drohen einige Werkstätten, sowohl den Anschluss an neue Kundengruppen als auch an technische Entwicklungen zu verlieren.
E-orientierte Werkstätten verfolgen klare Ziele
Diejenigen Betriebe, die sich aktiv für die E-Mobilität positionieren, tun dies mit klarer Strategie: Über 40 Prozent möchten neue Zielgruppen ansprechen, etwa 36 Prozent bereiten sich gezielt auf das erwartete Marktwachstum vor, und 32 Prozent sehen in der Spezialisierung auf Elektro- und Hybridfahrzeuge einen Wettbewerbsvorteil.
Damit wird deutlich: Die Zukunft ist gestaltbar – doch sie erfordert gezielte Investitionen, Personalentwicklung und strategische Weitsicht.
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist auch der Ruf nach Unterstützung: 45 Prozent der befragten Werkstätten wünschen sich Zugang zu passenden Ersatzteilen und Systemlösungen für E-Fahrzeuge. Rund 37 Prozent sehen Weiterbildungsangebote und technische Schulungen als zentrale Voraussetzung für den Einstieg in die Elektromobilität. Ebenso wichtig ist für 47 Prozent der Zugriff auf moderne Diagnosewerkzeuge und Reparaturdaten.
Hier sieht sich MEYLE als Lösungsanbieter: Mit der Plattform IAM:CONNECT verfolgt der Hamburger Hersteller einen praxisorientierten Ansatz, um den Wandel gemeinsam mit Partnern im IAM zu gestalten. Der direkte Austausch zwischen Werkstätten, Teileherstellern und dem Handel steht dabei im Fokus.
IAM:CONNECT als Antwort auf Unsicherheit
Die Plattform IAM:CONNECT wurde ins Leben gerufen, um Entwicklungen frühzeitig sichtbar zu machen und dem Aftermarket Orientierung zu geben. Ziel ist es, Handlungsspielräume aufzuzeigen, Wissen zu bündeln und praxisgerechte Lösungen zu erarbeiten. Weitere Dialogformate sind für dieses Jahr geplant.
MEYLE positioniert sich damit bewusst nicht als Treiber einer Technologie, sondern als Partner, der den gewählten Weg der Werkstätten aktiv unterstützt – ob im klassischen Verbrennergeschäft oder auf dem Weg in die E-Mobilität.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor in der aktuellen Diskussion ist der anhaltende Fachkräftemangel. Besonders kleinere Betriebe sehen sich vor der Herausforderung, das Tagesgeschäft mit begrenztem Personal zu stemmen – Weiterbildungen und Investitionen in neue Technologien geraten dadurch ins Hintertreffen. Die Umstellung auf Elektromobilität erfordert jedoch nicht nur technisches Know-how, sondern auch organisatorische Ressourcen.
Viele Werkstätten geben an, dass sie selbst bei vorhandenem Interesse kaum Kapazitäten haben, um Mitarbeitende freizustellen oder externe Trainings wahrzunehmen. Auch interne Multiplikatoren – also erfahrene Mitarbeitende, die Wissen weitergeben – fehlen oft. Der Transformationsprozess wird so zusätzlich gebremst, obwohl der Wille zur Veränderung durchaus vorhanden ist.
Technologiewandel trifft auf Informationsdefizite
Neben fehlenden Ressourcen wird auch ein Mangel an verlässlicher Information als Hemmnis genannt. Werkstätten wünschen sich laut MEYLE-Umfrage nicht nur Zugang zu Ersatzteilen und Diagnosewerkzeugen, sondern auch bessere technische Dokumentation und Schulungsmaterialien.
In vielen Fällen besteht Unsicherheit darüber, welche Standards und Anforderungen bei Hybrid- und E-Fahrzeugen überhaupt erfüllt werden müssen. Ohne standardisierte und praxistaugliche Informationsquellen geraten insbesondere freie Werkstätten gegenüber markengebundenen Betrieben ins Hintertreffen. Gerade hier sieht MEYLE mit IAM:CONNECT die Möglichkeit, Wissenslücken zu schließen und Informationen gezielt verfügbar zu machen.
Ein zentrales Dilemma zeigt sich bei der Investitionsplanung: Viele Werkstätten stehen zwischen Risikoaversion und dem Druck zur Zukunftssicherung. Die Anschaffung von Hochvolt-Ausrüstung, spezieller Diagnosetechnik oder Hebebühnen für schwere Batterieeinheiten stellt erhebliche finanzielle Belastungen dar.
Gleichzeitig gibt es Unsicherheiten bezüglich der Amortisation: Wann wird sich der Einstieg in E-Services lohnen? Wie schnell wächst der Markt tatsächlich? Antworten darauf hängen stark vom lokalen Kundenkreis, der regionalen Infrastruktur und politischen Rahmenbedingungen ab. Ein flächendeckender Umstieg ist daher kurzfristig nicht realistisch – wohl aber eine gestufte Vorbereitung mit gezielten Pilotprojekten.
Fazit
Die Ergebnisse der Pulsbefragung zeigen: Die Branche steht nicht vor einem Entweder-oder, sondern vor einer Entscheidung über das eigene Profil. Wer sich bewusst positioniert – sei es im Verbrennergeschäft oder in der E-Mobilität – kann auch künftig erfolgreich sein. Doch Unentschlossenheit birgt Risiken.
Freie Werkstätten haben die Chance, ihr Know-how gezielt auszubauen und neue Marktpotenziale zu erschließen. Entscheidend wird sein, ob sie den Schritt von der Analyse zur Umsetzung schaffen – und dabei auf starke Partner wie MEYLE setzen. Quelle: MEYLE