Die aktuelle VDA-Umfrage zur wirtschaftlichen Lage des automobilen Mittelstands zeigt ein klares Bild: Schwache Nachfrage, unsichere Standortbedingungen und überbordende Bürokratie bremsen die Investitionsbereitschaft der Zulieferindustrie. Rund 80 Prozent der befragten Unternehmen planen, Investitionen in Deutschland zu verschieben, ins Ausland zu verlagern oder vollständig zu streichen. Diese Entwicklung wirkt sich zunehmend auch auf den Teilehandel und die Werkstattversorgung aus.
Investitionen wandern ins Ausland
Die Verlagerung von Investitionen hat sich im Vergleich zum Frühjahr weiter verstärkt. Während im Mai 2025 noch 24 Prozent der Unternehmen angegeben hatten, geplante Investitionen ins Ausland zu verlagern, liegt der Anteil nun bei 28 Prozent. Erweiterungsprojekte und Modernisierungen werden zunehmend außerhalb Deutschlands realisiert – häufig dort, wo Energiekosten, Steuern und Bürokratiebelastungen geringer ausfallen.
Für den freien Teilehandel bedeutet das eine zunehmende Abhängigkeit von Importen und längere Lieferketten. Produkte, die bislang aus deutschen Fertigungsstätten kamen, müssen künftig über internationale Logistikrouten bezogen werden. Das erhöht nicht nur die Kosten, sondern auch die Lieferzeiten – insbesondere bei Spezial- und Ersatzteilen, die in Werkstätten kurzfristig benötigt werden.
64 Prozent der befragten Unternehmen nennen die Absatzlage als entscheidenden Faktor für die Investitionszurückhaltung. Der Rückgang der Produktionsvolumina in Deutschland und Europa führt zu geringeren Stückzahlen in der Teilefertigung. Das wirkt sich direkt auf den Teilegroßhandel aus, der mit geringeren Margen und einem reduzierten Sortiment umgehen muss.
Vor allem kleinere Werkstätten und freie Servicebetriebe spüren die Folgen: steigende Einkaufspreise, geringere Verfügbarkeit und ein wachsender Aufwand bei der Teilebeschaffung. Gleichzeitig sinken durch den schwachen Fahrzeugabsatz auch die Wartungsaufträge im Neuwagenbereich, was zusätzliche wirtschaftliche Belastungen für den Aftermarket mit sich bringt.
Bürokratie und Auftragsmangel als zentrale Belastungen
Mit 86 Prozent geben fast alle befragten Unternehmen an, stark oder sehr stark unter der Bürokratie zu leiden. Genehmigungsverfahren, Meldepflichten und Regulierungen binden Ressourcen, die für Forschung, Produktion oder Digitalisierung fehlen. Für viele mittelständische Zulieferer stellt dies ein erhebliches Wettbewerbsrisiko dar.
Hinzu kommt ein neuer Höchststand beim Auftragsmangel: 77 Prozent der Unternehmen sind davon betroffen. Diese Schwäche in der Auftragslage wirkt sich entlang der gesamten Lieferkette aus – vom Komponentenhersteller über den Teilegroßhandel bis zur Werkstatt. Sinkende Auftragsvolumina führen zu reduzierter Produktion und zu Engpässen bei einzelnen Bauteilen. Besonders kritisch sind Bereiche, in denen Spezialteile oder kurzfristige Ersatzlieferungen notwendig sind.
Die VDA-Umfrage zeigt zudem, dass 65 Prozent der Unternehmen von der US-Zollpolitik betroffen sind. Zusätzliche Importabgaben auf Produkte aus Europa belasten sowohl Hersteller als auch Zulieferer. Für den Exportanteil deutscher Komponentenhersteller ergeben sich dadurch erhebliche Kostennachteile, die sich indirekt auch auf inländische Preise auswirken können.
Gleichzeitig reduziert die Branche ihre Beschäftigung in Deutschland weiter: 61 Prozent der Unternehmen bauen aktuell Personal ab. Diese Entwicklung hat langfristige Folgen für die inländische Fertigungstiefe und damit auch für die Versorgung des Ersatzteilmarkts.
Fazit
Die Ergebnisse der VDA-Umfrage verdeutlichen, dass der automobilen Mittelstand vor einer strukturellen Zäsur steht. Die Investitionsverlagerung ins Ausland, die schwache Auftragslage und die zunehmende Bürokratie gefährden nicht nur Produktionsstandorte, sondern auch die Versorgungssicherheit des Teilehandels. Für Werkstätten bedeutet das: höhere Teilepreise, längere Beschaffungszeiten und eine wachsende Unsicherheit in der Planung.
Bleiben politische und wirtschaftliche Impulse aus, droht sich die Lage weiter zu verschärfen. Der VDA fordert daher von Bundesregierung und EU-Kommission entschlossenes Handeln, um den Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen – im Interesse der Industrie, der Beschäftigten und der gesamten automobilen Wertschöpfungskette. Quelle: VDA


