Zweimal im Jahr rückt das Thema Räderwechsel in den Vordergrund. Während Fachbetriebe ihre Kapazitäten in dieser Zeit auslasten, greifen viele Autofahrer aus Kostengründen selbst zum Werkzeug. Der ADAC weist darauf hin, dass die Zahl der Heimwerker zunimmt, da Werkstattpreise für den saisonalen Räderwechsel mittlerweile häufig über 100 Euro liegen. Dennoch birgt die Eigenarbeit erhebliche Risiken – sowohl für die Fahrsicherheit als auch für den Zustand der Radbefestigung und Reifendrucküberwachung.
Werkzeug und Vorbereitung sind entscheidend
Ein professioneller Räderwechsel beginnt nicht mit dem Lösen der Radschrauben, sondern mit der richtigen Ausrüstung. Für sicheres Arbeiten ist ein stabiler Wagenheber mit ausreichender Traglast unverzichtbar. Die oft im Fahrzeug mitgelieferten Notfallheber sind lediglich für den Reifenwechsel am Straßenrand gedacht und nicht für den saisonalen Rädertausch geeignet. Ergänzend gehören Unterstellböcke, ein Radkreuz, ein Drehmomentschlüssel und eine Drahtbürste zur Grundausstattung. Letztere wird genutzt, um die Radaufnahme von Schmutz und Korrosion zu befreien – ein entscheidender Schritt, um Passungenauigkeiten zu vermeiden.
Vor der Montage empfiehlt sich eine gründliche Sichtkontrolle aller Reifen. Beschädigungen, ungleichmäßige Abnutzung oder Fremdkörper sind Anzeichen, die auf Reparaturbedarf hinweisen können. Auch die Laufrichtung der Reifen spielt eine wichtige Rolle, insbesondere bei asymmetrischen Profilen. Nach der Montage müssen alle Radschrauben oder Muttern mit dem vorgeschriebenen Drehmoment angezogen werden. Anschließend ist der Luftdruck gemäß Herstellerangabe zu prüfen und einzustellen.
Reifendruck-Kontrollsysteme im Fokus
Nahezu alle modernen Fahrzeuge verfügen inzwischen über ein Reifendruck-Kontrollsystem (RDKS). Es existieren zwei Varianten, die für Werkstätten und Handel unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen.
Beim passiven System wird der Druckverlust indirekt über die Raddrehzahlsensoren erkannt. Nach dem Einstellen des Fülldrucks muss das System neu angelernt werden – meist über das Bordmenü oder eine separate Taste.
Das aktive System arbeitet dagegen mit Sensoren, die direkt in der Felge verbaut sind. Diese Sensoren messen den Druck kontinuierlich und übermitteln ihn an das Steuergerät. Nach einem Räderwechsel kann hier eine Kalibrierung erforderlich sein, die mit einem speziellen Anlern- oder Diagnosegerät durchgeführt wird. Solche Geräte sind im Ersatzteilhandel erhältlich und können in der Regel auch ohne Werkstattzugang bedient werden.
Nach den ersten gefahrenen Kilometern sollte eine erneute Überprüfung aller Radschrauben erfolgen. Der ADAC empfiehlt, das Anzugsdrehmoment nach etwa 50 Kilometern zu kontrollieren. Zusätzlich sind ungewöhnliche Geräusche, Vibrationen oder ein verändertes Lenkverhalten Anzeichen für Unwuchten oder Montagefehler. In diesen Fällen ist ein Nachwuchten oder eine Sichtprüfung in der Werkstatt sinnvoll.
Der Räderwechsel erscheint auf den ersten Blick als einfache Arbeit. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass fehlende Erfahrung, unzureichendes Werkzeug oder Unkenntnis über RDKS-Systeme schnell zu Problemen führen können. Für Werkstätten und Teilehändler bedeutet dies: Kunden, die selbst Hand anlegen, benötigen klare Informationen und qualitativ hochwertiges Equipment. Gleichzeitig bietet der saisonale Räderwechsel Potenzial für Serviceangebote, etwa beim Nachziehen, Kontrollwuchten oder bei der Sensorprüfung.
Pflege von Radnabe und Befestigungsteilen
Eine häufig unterschätzte Ursache für Montageprobleme liegt in verschmutzten oder korrodierten Auflageflächen. Besonders an der Radnabe bilden sich über den Winter Ablagerungen aus Salz und Feuchtigkeit, die den korrekten Sitz des Rades beeinträchtigen können. Vor dem Aufsetzen des Rades sollte die Nabe deshalb mit einer Drahtbürste oder feinem Schleifvlies gereinigt werden.
Anschließend ist ein dünner Film Montagepaste oder Kupferpaste an den Kontaktflächen sinnvoll, um Korrosion vorzubeugen. Wichtig ist, dass keine Schmierstoffe auf die Gewinde der Radschrauben oder auf die Konen gelangen, da dies das Anzugsdrehmoment verfälscht.
Bei beschädigten oder nicht mehr funktionstüchtigen Sensoren muss Ersatz beschafft werden. Der Kfz-Teilehandel bietet eine breite Auswahl an Universal- und fahrzeugspezifischen RDKS-Sensoren. Universalvarianten lassen sich mit speziellen Programmiergeräten auf das jeweilige Fahrzeug anlernen. Dabei sollten die Protokolle stets mit der OEM-Spezifikation übereinstimmen, um Fehlfunktionen zu vermeiden. Für Werkstätten lohnt sich die Anschaffung eines Kombigeräts, das sowohl Sensoren programmieren, als auch Diagnosefunktionen auslesen kann. So lassen sich Defekte schnell erkennen und Neuinitialisierungen effizient durchführen.
Kundenberatung und Sicherheitskommunikation
Für den Fachhandel spielt Aufklärung eine zentrale Rolle. Kunden, die Räder selbst wechseln, sollten gezielt auf sicherheitsrelevante Punkte hingewiesen werden. Dazu gehören Hinweise auf korrekte Drehmomente, die Bedeutung der Nachkontrolle und die regelmäßige Prüfung des Luftdrucks. Auch der Hinweis auf das Verfallsdatum von Reifen und die notwendige Erneuerung von RDKS-Batterien nach etwa fünf bis sieben Jahren kann einen Mehrwert bieten. Händler, die solche Informationen bereitstellen, stärken die Kundenbindung und positionieren sich als kompetente Ansprechpartner rund um Reifenservice und Fahrzeugtechnik.
Nach dem Wechsel stellt sich die Frage nach der fachgerechten Einlagerung. Räder mit Felge sollten liegend gestapelt oder an speziellen Wandhaltern aufgehängt werden, um Druckstellen zu vermeiden. Reifen ohne Felge werden dagegen stehend gelagert und regelmäßig gedreht. Der Lagerort sollte kühl, trocken und dunkel sein. Werkstätten und Reifenhändler bieten zunehmend Einlagerungsservices an, die neben optimalen Bedingungen auch eine visuelle Zustandskontrolle und RDKS-Prüfung umfassen. Das schafft zusätzliche Umsätze und entlastet Kunden, die keine geeigneten Lagermöglichkeiten besitzen.
Fazit
Ein fachgerechter Räderwechsel ist sicherheitsrelevant und erfordert mehr als handwerkliches Geschick. Reifendruck-Kontrollsysteme, korrekte Drehmomente und regelmäßige Nachprüfungen sind wesentliche Faktoren, um Schäden und Unfälle zu vermeiden. Für Werkstätten bleibt der saisonale Reifenservice ein wichtiger Bestandteil des Kundenkontakts – nicht zuletzt, weil viele Fahrer die Komplexität der Arbeit unterschätzen. Quelle: ADAC

