Die deutsche Automobilindustrie steht unter hohem Transformationsdruck. Beim jüngsten Autogipfel wurde die Bedeutung eines gemeinsamen Verständnisses zwischen Politik, Industrie und Gewerkschaften hervorgehoben. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bewertet den Austausch positiv, fordert aber zügige Entscheidungen und eine einheitliche Position Deutschlands in Brüssel.
CO₂-Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit im Fokus
Zentrales Thema der Gespräche war die europäische CO₂-Flottenregulierung für Pkw sowie leichte und schwere Nutzfahrzeuge. Laut VDA ist eine ausgewogene Lösung erforderlich, die sowohl Klimaziele als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Branche berücksichtigt. Der Verband sieht in der Elektromobilität den wesentlichen Beitrag zur Emissionsminderung, begrüßt jedoch auch die politische Unterstützung für technologieoffene Ansätze wie Plug-in-Hybride, Range-Extender und klimaneutrale Kraftstoffe.
Entscheidend sei, dass Deutschland auf europäischer Ebene mit einer geeinten Stimme auftrete. Die Herausforderungen der CO₂-Regulierung entstünden überwiegend in Brüssel, weshalb dort auch die Lösungen gefunden werden müssten. Strafzahlungen aufgrund unrealistischer Vorgaben gelte es unbedingt zu vermeiden, betont der VDA.
Der Verband sieht die größten Hindernisse für den Wandel zur klimaneutralen Mobilität in der unzureichend ausgebauten Lade- und Tankinfrastruktur sowie in hohen Energiekosten. Diese Defizite dürften nicht zulasten der Industrie gehen. Die Politik müsse insbesondere beim Ausbau von Stromnetzen, Ladepunkten und H₂-Tankstellen Tempo aufnehmen.
Zudem drängt der VDA auf eine Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge bis 2035. Die aktuelle Regelung läuft zum Jahresende aus. Eine rechtzeitige gesetzliche Umsetzung sei notwendig, um Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen.
Standort Deutschland unter Wettbewerbsdruck
Neben Klimapolitik und Infrastruktur steht auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts im Mittelpunkt. Laut Müller führen hohe Energiepreise, Steuerlasten und Lohnkosten zu einem zunehmenden Standortnachteil. Um Wohlstand und Beschäftigung langfristig zu sichern, brauche es eine umfassende Wachstumsagenda und strukturelle Reformen.
Besonders betroffen sind die Zulieferer. Sie leiden unter Bürokratie, komplexen Regulierungsvorgaben und eingeschränktem Zugang zu Kapital. Der VDA fordert daher eine gezielte Entlastung des industriellen Mittelstands sowie eine engere Verzahnung von Bankenregulierung und Transformationsfinanzierung.
Als Schlüssel für die künftige Wettbewerbsfähigkeit sieht der Verband die Weiterentwicklung von automatisiertem und autonomem Fahren. Deutschland nehme hier eine führende Rolle ein, doch es brauche einheitliche europäische Genehmigungsprozesse, um Innovationen schneller auf die Straße zu bringen.
Darüber hinaus betont der VDA die Bedeutung einer sicheren Rohstoffversorgung und eines leistungsfähigen Batterie-Ökosystems. Nur durch technologischen Fortschritt könne die Branche ihre internationale Spitzenposition halten und einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Investitionsklima und Kapitalzugang für Zulieferer
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Finanzierungsfrage. Zahlreiche mittelständische Zulieferbetriebe kämpfen mit hohen Zinsniveaus und strengen Kreditauflagen. Der VDA fordert, Transformationsprojekte stärker in die bestehenden Förderinstrumente einzubinden und Bankenregeln so anzupassen, dass Zukunftsinvestitionen leichter finanzierbar werden. Ohne verbesserten Kapitalzugang drohten Innovationslücken entlang der Lieferkette.
Der Verband warnt, dass ein Teil der Wertschöpfung ins Ausland abwandern könnte, wenn Investitionsentscheidungen zunehmend außerhalb Europas getroffen werden. Eine gezielte Stärkung des Mittelstands sei daher ein zentraler Faktor für die technologische Souveränität Deutschlands.
Die Automobilindustrie agiert in globalen Märkten, doch regulatorische Rahmenbedingungen entstehen zunehmend in Brüssel. Aus Sicht des VDA ist es entscheidend, dass Deutschland seine Position in der EU klar und einheitlich vertritt. Unterschiedliche nationale Interessen innerhalb der EU erschwerten bislang ein koordiniertes Vorgehen bei Themen wie CO₂-Flottenzielen, E-Fuel-Anrechnungen oder Ladeinfrastruktur-Standards.
Der Verband fordert eine „deutsche Stimme mit europäischer Reichweite“. Nur durch geschlossene politische und wirtschaftliche Abstimmung könne die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie gegenüber Asien und Nordamerika langfristig gesichert werden.
Fazit
Der VDA bewertet den Autogipfel als wichtigen Schritt im Dialog zwischen Politik und Industrie, sieht jedoch dringenden Handlungsbedarf bei der Umsetzung. Wettbewerbsfähigkeit, technologische Innovation und Klimaschutz müssten als gleichwertige Ziele verstanden werden. Damit der Wandel zur klimaneutralen Mobilität gelingt, fordert der Verband ein geschlossenes Vorgehen von Bund, Ländern und EU sowie verlässliche Rahmenbedingungen für Industrie und Verbraucher. Quelle: VDA