Test von All Terrain Reifen offenbart deutliche Schwächen

Veröffentlicht am 21.05.2025
All Terrain Reifen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, doch die Ergebnisse eines aktuellen ADAC Vergleichs fallen auf befestigtem Untergrund enttäuschend aus. Acht Modelle in der Größe 225/65 R17 wurden geprüft. Besonders bei Nässe zeigen sich erhebliche Defizite in der Bremsleistung. Nur im Gelände oder auf Schnee können einzelne Reifen punkten. Für den Alltag empfiehlt sich jedoch eher ein guter Ganzjahresreifen mit Allroundeigenschaften.
 

Grobstollige Profile, markante Optik – All Terrain Reifen gelten als Symbol für Abenteuerlust und Vielseitigkeit. Vor allem an SUVs, Pick-ups und Campern nehmen sie im Straßenbild zu. Doch wie gut schlagen sich die Geländereifen im Alltagsbetrieb? Der ADAC hat acht aktuelle Modelle unter realistischen Bedingungen untersucht. Die Ergebnisse liefern ein klares Bild: Für den überwiegenden Einsatz auf Asphalt sind viele AT-Reifen nur bedingt geeignet.


Leistungseinbußen bei Nässe und auf Asphalt

Getestet wurden acht AT-Modelle in der Größe 225/65 R17. Als Vergleich diente ein Ganzjahresreifen mit Schneeflockensymbol, der ebenfalls für den Wintereinsatz zugelassen ist. Während sich die Reifen auf Schnee oder lockerem Untergrund stellenweise behaupten konnten, zeigen sie bei Nässe gravierende Schwächen.

Besonders das Bremsverhalten auf nasser Fahrbahn fiel negativ auf: Selbst der beste Geländereifen in dieser Disziplin benötigte mehrere Meter mehr zum Stillstand als der Vergleichsreifen. Ein Modell verlängerte den Bremsweg bei 80 km/h sogar auf fast 49 Meter – ein Sicherheitsrisiko im alltäglichen Verkehr. Auch beim Aquaplaning und im Handling zeigten sich Schwächen, die im normalen Straßenbetrieb relevant sind.

Tauglich nur für gezielte Einsätze im Gelände

Während einige Modelle im Gelände Vorteile bieten, etwa durch bessere Traktion auf Schotter oder Schnee, bleibt dieser Nutzen im Alltag oft theoretisch. So zeigte sich bei einem praktischen Versuch auf feuchtem Gras: Auch dort war der Unterschied zum getesteten Ganzjahresreifen kaum spürbar. Entscheidend für das Vorankommen war vielmehr, ob ein Fahrzeug über Allradantrieb verfügte – nicht das Reifenprofil.

Ein gutes Beispiel ist der Matador MP72, der im Test als traktionsstark auf losem Untergrund auffiel. Doch ohne regelmäßige Einsätze im Gelände bringt dieser Vorteil kaum Mehrwert für den täglichen Einsatz auf der Straße.

Unterschiede zwischen Testsieger und Schlusslicht

Unter den getesteten Reifen schnitt der Yokohama Geolandar A/T G015 mit der besten Gesamtnote ab, blieb aber dennoch hinter dem Referenzreifen zurück. Am anderen Ende der Bewertungsskala lag der BF Goodrich Trail Terrain T/A, der wegen deutlich schlechter Nassgriffeigenschaften eine mangelhafte Bewertung erhielt. Insgesamt konnte kein AT-Reifen im Test als empfehlenswert eingestuft werden – vier Modelle kamen auf ein „befriedigend“.

Viele All Terrain Reifen tragen das M+S-Symbol (Matsch und Schnee), doch dieses allein bietet keine Garantie für wintertaugliche Eigenschaften. Erst das sogenannte Alpine-Symbol – die Schneeflocke im Bergpiktogramm – bestätigt, dass der Reifen in genormten Tests eine Mindest-Performance auf Schnee erfüllt. Alle im ADAC Test geprüften AT-Modelle verfügen über dieses Schneeflockensymbol, was sie formal als wintertauglich ausweist. Dennoch zeigen sich in der Praxis erhebliche Unterschiede zur Referenz: Zwar ist bei einzelnen AT-Reifen eine ordentliche Traktion auf Schnee erkennbar, doch das Gesamtverhalten bei Kälte, Bremsen und Seitenführung bleibt gegenüber ausgewogenen Ganzjahresreifen unterlegen.

Rollwiderstand und Komfort: Die andere Seite der AT-Reifen

Ein Aspekt, der bei der Kaufentscheidung oft unterschätzt wird, ist der erhöhte Rollwiderstand von All Terrain Reifen. Die grobe Profilstruktur und die meist höhere Bauhöhe führen zu einem spürbar lauteren Abrollgeräusch und erhöhtem Kraftstoffverbrauch. Besonders bei Fahrten auf der Autobahn kann das Reifengeräusch unangenehm auffallen – ein Punkt, der im ADAC Test ebenfalls kritisch angemerkt wurde. Auch der Fahrkomfort leidet: AT-Reifen reagieren weniger feinfühlig auf kleine Fahrbahnunebenheiten und geben Stöße ungefilterter an die Karosserie weiter. Für Langstreckenfahrer oder Camper, die mit dem Wohnmobil weite Distanzen auf Asphalt zurücklegen, kann das auf Dauer störend sein.

Fahrphysikalische Grenzen auf der Straße

Die Fahreigenschaften von All Terrain Reifen sind auf Kompromiss ausgelegt – sie sollen sowohl im Gelände als auch auf der Straße funktionieren. Doch genau dieser Kompromiss führt im Alltag zu Problemen. Die hohe Lamellenanzahl, große Profilblöcke und die weichere Gummimischung verschlechtern das Lenkverhalten, insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten oder schnellen Spurwechseln. Auf trockener Fahrbahn verlängert sich zudem der Bremsweg im Vergleich zu einem Straßenreifen. Auch die Seitenführung – also die Stabilität in Kurven – ist geringer. Diese Eigenschaften können im Alltagsverkehr zu einer spürbar veränderten Fahrdynamik führen, die besonders bei Notmanövern kritisch werden kann.

Einsatzbereiche sinnvoll abwägen – für Gewerbe und Privat

All Terrain Reifen können in bestimmten Einsatzszenarien eine sinnvolle Wahl sein – zum Beispiel für Forstbetriebe, Baustellenfahrzeuge oder Reisemobile, die regelmäßig Schotterpisten und unbefestigte Wege befahren. Auch bei Expeditionen oder Fahrten durch schwieriges Gelände, bei denen Schlamm oder Geröll eine Rolle spielen, bieten sie Vorteile. Doch für den klassischen Wochenendausflug zum Campingplatz oder die Fahrt durch den Stadtverkehr ist der Mehrwert begrenzt. Viele Käufer entscheiden sich aus optischen Gründen für AT-Reifen – unterschätzen dabei aber die technischen Einschränkungen auf Asphalt. Wer den Reifen passend zum Einsatzzweck auswählt, erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern spart auch langfristig Kosten.


Fazit

Wer hauptsächlich auf befestigten Straßen unterwegs ist und nur selten ins Gelände fährt, sollte All Terrain Reifen kritisch hinterfragen. Hochwertige Ganzjahresreifen bieten eine bessere Balance aus Sicherheit und Alltagstauglichkeit. AT-Modelle können sinnvoll sein, wenn regelmäßig unbefestigte Wege befahren werden und ein Allradantrieb vorhanden ist – dann aber mit Blick auf die eingeschränkten Leistungen auf nassem Asphalt. Die robuste Optik ersetzt keine ausgeglichene Performance im täglichen Fahrbetrieb. Quelle: ADAC

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