Data Act: Was sich für den Aftermarket ändert

Veröffentlicht am 07.04.2025
Auf der CLEPA Aftermarket Conference erläuterte Anthony Ganson von der EU-Kommission unter dem Titel Implementation of the Data Act die künftigen Regelungen zum Zugang zu Fahrzeugdaten. Im Zentrum steht das Ziel, Datennutzung zwischen OEMs, Nutzern und Dritten wie Werkstätten oder Teilehändlern fair und rechtssicher zu gestalten. Der Data Act schafft damit erstmals einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Zugang zu IoT-Daten – auch im Automotive Aftermarket.
 

Die EU will mit dem Data Act den Zugang zu und die Nutzung von industriellen Daten – insbesondere aus vernetzten Produkten – grundlegend neu regeln. Anthony Ganson, Policy Officer der EU-Kommission, stellte auf der CLEPA Aftermarket Konferenz 2025 die konkreten Auswirkungen für den Automotive Sektor vor. Im Fokus stehen dabei die Kapitel 2 und 3 des Gesetzeswerks, die den Zugang zu Daten aus vernetzten Produkten (IoT) regeln – also auch aus modernen Fahrzeugen. Lesen Sie auch: Clepa Aftermarket Conference: Ersatzteilmarkt im Wandel


Warum ein Data Act?

Ziel des Data Act ist es, die bisher ungenutzten Potenziale industrieller Daten besser auszuschöpfen. Der Rechtsrahmen soll Klarheit darüber schaffen, wer auf welche Daten unter welchen Bedingungen zugreifen darf. Denn bislang fehlen harmonisierte Regeln, was insbesondere im Automotive-Sektor zu einem Flickenteppich nationaler Vorschriften führt – mit hohen Kosten für alle Beteiligten.

Der Data Act bricht mit der Idee eines alleinigen „Dateneigentums“ und setzt stattdessen auf das Konzept der Mitgenerierung von Daten. Daten entstehen durch die Nutzung vernetzter Produkte – Nutzer, Hersteller und Drittanbieter haben daran Anteil und sollen daher künftig ausgewogene Rechte zur Datennutzung erhalten.

Was regelt der Data Act konkret im Automotive-Bereich?

Nutzerrechte: Fahrzeugnutzer (z. B. Eigentümer, Leasingnehmer, Flottenbetreiber) erhalten ein Recht auf Zugang zu den Daten, die bei der Nutzung des Fahrzeugs entstehen. Sie können diese Daten auch an einen Drittanbieter (z. B. Werkstatt, Teilegroßhändler, Flottenmanagement-Plattform) weiterleiten lassen.

  1. Transparenzpflichten: Hersteller müssen bereits vor dem Kauf eines Fahrzeugs klar und verständlich informieren, welche Daten erzeugt und gespeichert werden, in welchem Format sie vorliegen, wo sie gespeichert sind (z. B. on-board oder in der Cloud) und wie sie abgerufen oder gelöscht werden können.
  2. Datenarten: In den Anwendungsbereich fallen Rohdaten, vor verarbeitete Daten und relevante Metadaten – etwa Sensordaten wie Geschwindigkeit, Öltemperatur, Bremsverhalten oder Reifendruck. Auch Nutzereingaben (Touchscreen, Sprachsteuerung) und Daten aus Fahrzeug-Apps sind einbezogen.

Was ist nicht abgedeckt: Abgeleitete oder integrierte Daten wie etwa vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) oder KI-basierte Verhaltensanalysen bleiben ausgenommen. Ebenso Inhalte wie Musik, Nachrichten oder Softwarecode.

Kein freier Datenzugang – aber fairer Rahmen

Der Data Act verpflichtet Hersteller nicht dazu, Daten kostenlos bereitzustellen. Der Datenzugang durch Dritte kann mit angemessener Vergütung verbunden sein – die Kriterien dafür werden derzeit in Leitlinien erarbeitet. Gleichzeitig sind Datenschutz (DSGVO), Betriebsgeheimnisse und Cybersicherheit weiterhin durch spezielle Regelungen geschützt. Der Zugang ist also nicht öffentlich, sondern erfolgt stets im Rahmen einer konkreten, vertraglich definierten Nutzungsbeziehung.

Wird der Data Act zu einer Neugestaltung von Produkten führen?

Eine häufige Sorge: Müssen Fahrzeuge nun neu designt werden, um Datenzugang zu ermöglichen? Die Antwort ist klar: Nein. Der Data Act verpflichtet Hersteller nur, sofern dies technisch machbar und relevant ist. Es gibt keinen Zwang zur nachträglichen Umrüstung oder Produkterückrufe. Allerdings müssen Hersteller klar kommunizieren, welche Daten verfügbar sind – selbst wenn diese nicht direkt zugänglich sind.

Was bedeutet das für den Aftermarket?

Werkstätten, Teilegroßhändler und Serviceplattformen erhalten erstmals einen rechtlich abgesicherten Zugang zu relevanten Fahrzeugdaten – vorausgesetzt, der Fahrzeugnutzer gibt sein Einverständnis. Das ist insbesondere für Reparatur, Wartung und Teilediagnose von zentraler Bedeutung.

Zugleich erwartet die EU-Kommission von Drittanbietern, dass sie über die nötige Kompetenz zur Datenverarbeitung verfügen. Der OEM muss die Daten bereitstellen, aber nicht aufwändig aufbereiten. Die Datenkompetenz des Aftermarket wird damit zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.

Was kommt als Nächstes?

Guidelines der EU-Kommission: Bis zum 12. September 2025 will die Kommission Leitlinien zur konkreten Anwendung des Data Act im Fahrzeugbereich vorlegen – inklusive positiver und negativer Listen von Datenpunkten.

Konsultationen: Am 10. und 11. April 2025 finden weitere Stakeholder-Workshops statt. Dort wird ein Entwurf dieser Leitlinien diskutiert – interessierte Unternehmen können sich einbringen.

FAQ-Dokumente und Vertragsklauseln: Die Kommission veröffentlicht regelmäßig aktualisierte FAQs sowie Mustervertragsklauseln (Model Contract Terms), um eine praxistaugliche Umsetzung zu fördern.


Neue Spielregeln für Fahrzeugdaten – Aftermarket muss vorbereitet sein

Mit dem Data Act schafft die EU einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Zugang zu Fahrzeugdaten. Werkstätten, Teilegroßhändler und Plattformanbieter sollten sich frühzeitig mit den technischen, organisatorischen und juristischen Anforderungen vertraut machen. Denn die Zukunft des Aftermarket wird nicht nur unter der Hebebühne entschieden, sondern auch in der Cloud und im Datenstrom des Fahrzeugs. HAR

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