Der Mobilitätsindex des ADAC für 2022 zeigt einen erneuten Rückgang und weist darauf hin, dass der deutsche Verkehrssektor in puncto Nachhaltigkeit ins Stocken geraten ist. Der Indexwert ist von 113 auf 111 Punkte gesunken und stellt damit zum zweiten Mal in Folge einen Rückgang dar. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass viele der während der Pandemie erreichten Verbesserungen, wie geringere Emissionen, vor allem durch die damaligen Mobilitätsbeschränkungen bedingt waren.
Langfristige strukturelle Fortschritte lassen hingegen noch auf sich warten. Der ADAC Mobilitätsindex berücksichtigt verschiedene Dimensionen der Mobilität, darunter Klima- und Umweltschutz, Verkehrssicherheit, Erschwinglichkeit, Zuverlässigkeit und die allgemeine Verfügbarkeit von Mobilitätsmöglichkeiten. Diese Parameter liefern eine umfassende Übersicht über die aktuelle Situation und die Entwicklungstendenzen im Verkehrssektor Deutschlands.
Obwohl im Bereich Klima und Umwelt im Berichtsjahr keine weiteren Verschlechterungen zu verzeichnen waren, reicht das Erreichte laut ADAC nicht aus, um die gesetzten Klimaschutzziele zu erfüllen. Zugleich hat sich die Verkehrssicherheit deutlich verschlechtert, und die Kostenbelastung für die Bevölkerung nimmt zu. Der Index beleuchtet somit die Schwächen und Herausforderungen, die derzeit eine zukunftsfähige Mobilität behindern.
Der ADAC Mobilitätsindex: Ein umfassender Nachhaltigkeitscheck für den Verkehrssektor
Der ADAC Mobilitätsindex bewertet Aspekte der Mobilität sowohl auf Bundesebene als auch regional für die einzelnen Bundesländer. In die Analyse fließen ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Faktoren ein, die ein breites Bild der Mobilität in Deutschland abbilden. Für das Jahr 2022 sind dabei insbesondere die steigenden Mobilitätskosten ein zentrales Problem. Vornehmlich die Energiekrise belastete den motorisierten Individualverkehr. Zwar wurden Preissteigerungen durch staatliche Maßnahmen wie den Tankrabatt zeitweise abgemildert, doch reichte dies nur bedingt aus, um den Kostenanstieg für die Nutzer spürbar zu reduzieren. In der Kategorie „Bezahlbarkeit“ ist der Indexwert auf 103 Punkte gefallen, was die finanziellen Belastungen der Menschen im Verkehrssektor verdeutlicht.
Der ADAC hebt hervor, dass Klimaschutzmaßnahmen nicht auf Kosten der Mobilitätssicherheit und -erschwinglichkeit gehen dürfen. Ziel müsse es sein, klimafreundliche Mobilitätsoptionen zu schaffen, die für breite Bevölkerungsschichten zugänglich und bezahlbar bleiben. Nur so könne eine gesellschaftliche Akzeptanz für umweltfreundliche Alternativen wie den Radverkehr oder den öffentlichen Nahverkehr erreicht werden.
Ein weiteres zentrales Problem ist die Verkehrssicherheit, die im Jahr 2022 erneut gesunken ist. Der Wert fiel hier auf 107 Punkte und signalisiert eine steigende Unfallgefahr, insbesondere im Bereich des Radverkehrs. Das zunehmende Verkehrsaufkommen bei Fahrrädern hat zu mehr Unfällen und Konflikten mit Kraftfahrzeugen geführt, da die Infrastruktur für eine sichere Nutzung des Radverkehrs vielerorts unzureichend ist. Auch die Anzahl der Alleinunfälle – also Unfälle, bei denen keine weiteren Verkehrsteilnehmer beteiligt waren – ist gestiegen.
Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit: Positive Tendenzen, aber noch Luft nach oben
Im Bereich der Verfügbarkeit von Mobilitätsangeboten konnte der Index mit 102 Punkten einen leichten Anstieg verzeichnen, bleibt jedoch weiterhin unter dem Niveau von 2019. Die Wiederaufnahme von Fernbus- und Flugverbindungen hat das Angebot im öffentlichen Verkehr leicht verbessert, doch die Gesamtsituation weist noch Entwicklungspotenzial auf. Die Kategorie Zuverlässigkeit erzielte einen Wert von 117 Punkten, was auf eine Reduzierung der Verkehrsstaus im Straßenverkehr zurückzuführen ist. Der Straßenverkehr konnte damit die zunehmenden Verzögerungen im Schienenverkehr kompensieren, wodurch die Zuverlässigkeit für die Nutzer insgesamt stabil geblieben ist.
Erstmals hat der ADAC im Jahr 2022 die Mobilitätsentwicklung in den einzelnen Bundesländern detailliert ausgewertet, wodurch regionale Unterschiede stärker ins Blickfeld geraten. Der Bericht zeigt, dass in einigen Regionen Fortschritte in der Verkehrssicherheit und beim Ausbau der Ladeinfrastruktur zu verzeichnen sind, während andere Regionen noch erhebliche Nachholbedarfe haben. Beispielsweise konnte Baden-Württemberg die Zahl schwerer Unfälle seit 2015 um fast 38 Prozent reduzieren, während Berlin in diesem Bereich nur eine Verbesserung um acht Prozent erreichte.
Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur bestehen Unterschiede zwischen den Bundesländern: Während Hamburg von 2019 bis 2023 ein Wachstum von 126 Prozent bei den Ladepunkten verzeichnete, erreichte Brandenburg im gleichen Zeitraum eine Steigerung von 425 Prozent. Diese Differenzen verdeutlichen die vielfältigen Herausforderungen, mit denen sich die Bundesländer konfrontiert sehen, und betonen die Notwendigkeit regional angepasster Maßnahmen.
Handlungsfelder für eine nachhaltige und zugängliche Verkehrslandschaft
Um die Mobilität in Deutschland langfristig nachhaltig und zugänglich zu gestalten, bedarf es gezielter Investitionen und eines Ausbaukonzepts, das die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund stellt. Der ADAC fordert, dass klimaneutrale Mobilitätslösungen geschaffen werden, die sowohl erschwinglich als auch attraktiv für die breite Bevölkerung sind. Der öffentliche Nahverkehr sowie der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur müssen stärker in den Fokus genommen werden, um die Akzeptanz umweltfreundlicher Verkehrsmittel zu erhöhen.
Im Hinblick auf die gesetzten Klimaziele ist es entscheidend, dass die Verkehrspolitik den notwendigen Rahmen für eine ressourcenschonende Mobilität schafft. Ein besonderer Schwerpunkt sollte dabei auf der Erweiterung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und der Förderung eines flächendeckenden und zuverlässigen öffentlichen Verkehrssystems liegen, das die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Herausforderungen des Klimaschutzes gleichermaßen berücksichtigt. Regionale Besonderheiten und Anforderungen spielen hierbei eine zentrale Rolle und erfordern gezielte Maßnahmen auf Landesebene.
Der ADAC Mobilitätsindex verdeutlicht, dass trotz erster Fortschritte auf einigen Gebieten umfassende strukturelle Anpassungen notwendig sind, um die Mobilität in Deutschland nachhaltig, sicher und zugänglich zu gestalten. Eine Mobilität der Zukunft erfordert ein grundlegendes Umdenken, bei dem Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen gefordert sind, um die Potenziale des Verkehrssektors effektiv auszuschöpfen.
Fazit
Der ADAC Mobilitätsindex verdeutlicht, dass der Weg zu einer nachhaltigen Mobilität in Deutschland voller Herausforderungen, aber auch voller Potenziale steckt. Die Analyse der verschiedenen Bewertungsdimensionen zeigt: Der Verkehr braucht langfristige strukturelle Anpassungen, um die Klimaschutzziele zu erreichen und zugleich die Sicherheit, Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit von Mobilität zu gewährleisten. Trotz technologischer Fortschritte und staatlicher Anreize wie dem Ausbau der Ladeinfrastruktur bleibt der Weg zur klimaneutralen Mobilität steinig und erfordert koordinierte Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Um das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen und Akzeptanz für umweltfreundliche Alternativen zu schaffen, muss Mobilität für alle zugänglich, sicher und erschwinglich bleiben. Innovative Ansätze wie multimodale Konzepte in Städten und die Förderung der Elektromobilität bieten Lösungsansätze, doch ohne eine verstärkte Zusammenarbeit und konsequente Investitionen droht der Fortschritt ins Stocken zu geraten. Der Mobilitätssektor in Deutschland steht damit an einem Scheideweg, der über die Zukunft und Qualität unserer Mobilität entscheiden wird – ein Balanceakt, der mit klarem Fokus und langfristigen Strategien erfolgreich gemeistert werden kann. Quelle: ADAC